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Neue Krankheiten stammen meist von Tieren  
  Drei Viertel aller neuen Krankheiten des Menschen in den vergangenen Jahrzehnten stammten wie die Vogelgrippe aus dem Tierreich. An der Zunahme solcher Erkrankungen ist der Mensch laut Experten nicht unschuldig.  
Sars, HIV oder das meist tödliche Fieber Ebola haben neuartige Epidemien ausgelöst. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gingen drei Viertel aller neuen Krankheiten des Menschen in den letzten Jahrzehnten von Erregern aus, die von Tieren oder tierischen Produkten stammen - Zoonosen im Fachjargon. Tendenz steigend.
Neue Krankheitskeime sind unberechenbar
Springt ein Krankheitserreger vom Tier auf den Menschen, ist das Katastrophenpotenzial riesig, wie Daniel Koch vom Schweizer Bundesamt für Gesundheit (BAG) sagte. Neue Krankheitskeime wie Sars, Ebola oder HIV machten eine Abschätzung ihrer Auswirkungen sehr schwierig.

Vorbereiten könne man sich nur auf bekannte Bedrohungen, etwa die Grippe, sagte Koch, Leiter der Sektion Impfungen in dem Bundesamt.
Jüngste Zoonose: Vogelgrippe
Im Fall der derzeit meistdiskutierten neuen Zoonose, der Vogelgrippe, hat die Ansteckung von Tier zu Mensch stattgefunden, nicht aber die Übertragung von Mensch zu Mensch. Bisher steckten sich 196 Menschen mit dem H5N1-Virus an, 110 von ihnen starben.

Die länderübergreifende Überwachung der Vogelgrippe sowie die mit den internationalen Gesundheitsvorschriften vorgesehenen koordinierten Informationen und Präventivmaßnahmen sind laut WHO vom Vorgehen in der Sars-Krise 2003 inspiriert.

Obwohl damals die Reisetätigkeit eine weltweite Ausbreitung befürchten ließ, konnte der Erreger rasch identifiziert und somit bekämpft werden, wie Koch erklärte. Insgesamt starben 2003 in Asien und Kanada laut WHO 774 Menschen an der akuten Lungenkrankheit.
Gehäuftes Auftreten: Mensch trägt Mitschuld
Am gehäuften Auftreten von neuen Zoonosen ist der Mensch nicht unschuldig, wie Christian Griot, Direktor des Schweizer Instituts für Viruskrankheiten und Immunprophylaxe (IVI) sagte.

Er nannte die hohe Bevölkerungsdichte in Städten, die hygienisch prekären Verhältnisse, die intensivierte Tierhaltung, Lebendtiermärkte vor allem im asiatischen Raum sowie die Klimaveränderung als Gründe.
Klimaerwärmung erleichtert das Überleben von Wirtstieren
Durch den engen Kontakt zwischen Mensch, Nutz- und Wildtieren können einerseits Krankheitserreger übertragen werden. Andererseits kommen die verschiedenen Krankheitskeime miteinander in Kontakt und können sich so verändern. Beides begünstigt Zoonosen.

Zudem erleichtere die Klimaerwärmung das Überleben von Wirtstieren, sagte Griot. Als Beispiel nannte er Mäuse, die im US-Bundesstaat New Mexico nach einem milden Winter im Jahr 1993 der Bevölkerung mit dem Sin Nombre Virus eine Fieberkrankheit übertragen konnten.
Mehrere Faktoren
Diese Faktoren spielen dem Experten zufolge zusammen. Ob sich schließlich der Mensch mit einer Tierkrankheit anstecke, liege nicht nur am Erreger, sondern vor allem am generellen Gesundheits- sowie Ernährungszustand des Menschen.

Im Fall der Vogelgrippe sei nicht klar, unter welchen Umständen das H5N1-Virus die Artengrenze überspringe und Menschen oder Katzen krank mache. Doch ein intensiver Kontakt zwischen Huhn und dem neuen Wirt sei Voraussetzung.
Auch in Zukunft "exotische" Krankheiten
Greift eine Krankheit auf andere Tierarten oder den Menschen über, so ist das laut Griot beunruhigend, weil sich das Virus im neuen Wirt vermehren kann.

Eine Zoonose muss allerdings nicht zwingend ein pandemisches Ausmaß annehmen. Sicher sind sich Experten jedoch, dass auch die Menschen in Mitteleuropa künftig mit exotischen Krankheiten rechnen müssen.

Christine Wanner, AP, 21.4.06
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01.01.2010