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Influenza-Pandemie: Nur rasche Maßnahmen wirksam  
  Sollte es tatsächlich einmal zu einer Influenza-Pandemie kommen, beginnt für die Behörden ein Rennen gegen die Zeit: Die rasche Verabreichung antiviraler Medikamente könnte in Kombination mit Schulschließungen die Erkrankungsrate um 40 bis 50 Prozent reduzieren, haben nun britische und US-Forscher in einer Simulation berechnet.  
Eine allfällige Impfung käme für die erste Erkrankungswelle vermutlich zu spät, schreibt das Team um Neil M. Ferguson von der Abteilung für Epidemiologie infektiöser Krankheiten des Imperial College in London.
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Die Studie "Strategies for mitigating an influenza pandemic" Neil M. Ferguson et al. erschien in "Nature" (doi:10.1038/nature04795).
->   Abstract
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Grenzsperren und Schulschließungen
Das Team um Neil M. Ferguson hat Schnelligkeit und Ausmaß der Verbreitung eines neuen Influenza-Virus für Großbritannien und die USA berechnet. Die Fachleute: "Grenzsperren und/oder Restriktionen im internen Reiseverkehr dürften die Ausbreitung nur um zwei bis drei Wochen verzögern - vorausgesetzt die Maßnahmen wären zu 99 Prozent effektiv."

Anders wäre das bei der - unter Fachleuten heftig umstrittenen - Schließung von Schulen. Die Experten: "Die Schließung der Schulen würde den Gipfel der Erkrankungshäufigkeit zwar reduzieren, hätte aber kaum einen Effekt auf die Gesamtzahl der Influenza-Erkrankungen." Dies wäre nur möglich, wenn man auch betroffene Haushalte unter Quarantäne stelle, was im Fall des Falles wohl kaum wirklich möglich wäre.
Tamiflu bremst Verbreitung nur bei rascher Einnahme
Die Behandlung der Influenza-Erkrankten bei einer neuen "Spanischen Grippe" mit Tamiflu und oder Relenza als die beiden derzeit vorhandenen wirksamen Medikamente würde die weitere Verbreitung der Krankheit nur dann bremsen, wenn die Betroffenen die Mittel binnen eines Tages nach Auftreten der Symptome einnehmen würden.
Hohe Versorgungsrate notwendig
Die Autoren: "Hätte man Medikamente für 50 Prozent der Bevölkerung parat (westliche Industriestaaten wollen sich mit Arzneimittel für 20 bzw. 25 Prozent der Bevölkerung eindecken, Anm.), könnte eine aktive Prophylaxe in der Familie in Kombination mit der Schließung von Schulen die Erkrankungsrate um 40 bis 50 Prozent senken."

Bei noch mehr Bevorratung wären sogar 75 Prozent möglich. Einen dramatischen Effekt hätte die medikamentöse Prophylaxe in den Schulen und am Arbeitsplatz. Doch dann müsste es genug antiviraler Medikamente für rund 70 bis 100 Prozent der Bevölkerung auf Lager geben.
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Animation der Ausbreitung
Das Team um Ferguson fertigte auch eine Animation der Pandemie-Bewegung in den USA an: Die Farbe Grau markiert dabei die dabei die Populationsdicht, infizierte Personen sind rot, immunisierte Personen grün eingezeichnet.
->   Zum Video
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Impfstoff kommt vermutlich zu spät
Ferguson und die Co-Autoren schätzen, dass beispielsweise in den USA 30 Prozent der Übertragungen von Influenza innerhalb der Haushalte und 70 Prozent außerhalb passieren würden. Eng wird es allerdings für allfällige neu zu entwickelnde Impfstoffe gegen neue Influenza-Erreger.

Laut den Fachleuten müsste die Verabreichung eiens solchen Impfstoffes längstens nach zwei Monaten ab dem globalen Ausbruch der Erkrankung beginnen - etwa zur selben Zeit, in der man dann in den USA oder Großbritannien die ersten Fälle beobachten würde.

So könnte ein Impfstoff, der nach einer Impfung binnen zwei Wochen zu 70 Prozent vor einer Infektion schützt, seine Wirkung entfalten. Sind zwei Injektionen notwendig, müsste für den selben Effekt mit der Massen-Immunisierung von einem Prozent der Bevölkerung sogar noch ein Monat früher begonnen werden.

Bei einer Wartefrist von vier Monaten bis zur Erhältlichkeit eines Impfstoffes sei faktisch alles zu spät für die erste Erkrankungswelle.

[science.ORF.at/APA, 27.4.06]
->   Website von Neil M. Ferguson
->   Das Stichwort Pandemie im science.ORF.at-Archiv
 
 
 
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01.01.2010