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US-Ökonom John Kenneth Galbraith gestorben  
  Der Wirtschaftswissenschaftler John Kenneth Galbraith ist am Wochenende im Alter von 97 Jahren in den USA gestorben. Er zählte zu den einflussreichsten Ökonomen der Welt und beriet mehrere US-Präsidenten.  
Stets hatte sich der Linksliberale für eine soziale Marktwirtschaft eingesetzt und sich um die Belange der breiten Massen und der sozial Schwachen bemüht.

Galbraith, der mit US-Präsident John F. Kennedy befreundet war, verstand es hervorragend, komplizierte ökonomische Zusammenhänge selbst Laien verständlich zu machen. Der Nobelpreis blieb ihm allerdings vorenthalten.
Lehrer in Harvard
Bild: dpa
J.K. Galbraith, Archivbild 1992
Galbraith hatte Jahrzehnte lang an der US-amerikanischen Prestigeuniversität Harvard gelehrt und propagierte in fast drei Dutzend Fachbüchern, Romanen und zahllosen Magazin- und anderen Publikationen den Wohlfahrtsstaat und staatliche Wirtschaftsinterventionen.

Der Staat sollte mehr für die Armen, für das Erziehungs- und Ausbildungswesen und für den Umweltschutz tun, war sein Credo.

Galbraith, ein Zweimeter-Mann, griff die mächtigen amerikanischen Großkonzerne an und hielt die Gewerkschaften für ein wichtiges Gegengewicht. Scharf kritisierte er die mit Hilfe pausenloser Werbung angeheizte amerikanische Konsumgesellschaft.
Die Hauptwerke
Zu seinen Hauptwerken gehören "The Affluent Society" (Gesellschaft im Überfluss). Das Buch war 1958 erschienen und brachte Galbraith weltweiten Ruhm. "The New Industrial State" (Die moderne Industriegesellschaft), "The Good Society" (Die Solidarische Gesellschaft) und "American Capitalism" waren weitere wichtige Bücher. In "The Great Crash, 1929" beschrieb er den Börsenkrach des Jahres 1929. 1987 warnte er, Vergleiche mit 1929 ziehend, vor einem neuen Börsenkrach, der sich prompt einstellte.
Vorbild John Maynard Keynes
Galbraith war als Bauernsohn auf einer Farm in Iona Station in der kanadischen Provinz Ontario aufgewachsen und studierte in Toronto. Er wandte sich an der Universität von Kalifornien in Berkeley später gezielt den Wirtschaftswissenschaften zu.

Während der dreißiger Jahre in der schlimmsten Rezession der US-Geschichte stand Galbraith ganz unter dem Eindruck der enormen Wirtschaftsprobleme, der extremen Arbeitslosigkeit und drückenden Armut zahlloser Amerikaner und Kanadier. Er wurde ein früher Anhänger des britischen Wirtschaftswissenschaftlers John Maynard Keynes und sprach sich für eine aktive staatliche Wirtschaftspolitik zur Bewältigung der überwältigenden Wirtschafts- und Sozialprobleme aus.
Kritiker des Neoliberalismus
Galbraith war während des Zweiten Weltkriegs zeitweise stellvertretender Leiter der US-Preiskontrollbehörde und gehörte dem Beraterstab von US-Präsident Franklin D. Roosevelt an. Später arbeitete er für das Wirtschaftsmagazin "Fortune". In den fünfziger Jahren beriet er den erfolglosen US-Präsidentschaftskandidaten Adlai Stevenson. John F. Kennedy entsandte ihn als US-Botschafter nach Indien.

Galbraith beeinflusste in starkem Maße auch die auf viel höhere staatliche Sozialausgaben ausgerichtete Politik der "Great Society" des US-Präsidenten Lyndon B. Johnson.

Der politische Aktivist kritisierte in den achtziger Jahren in scharfer Form die neoliberale Politik der Reagonomics in den USA und den Thatcherismus in Großbritannien mit den Folgen einer ungezügelten absolut freien Marktwirtschaft und dem gezielten Abbau von Sozialleistungen. Er wetterte gegen die Wirtschaftspolitik des früheren US-Präsidenten George Bush und seines jetzt amtierenden Sohnes George W. Bush.

[science.ORF.at/dpa, 2.5.06]
->   John Kenneth Galbraith - Wikipedia
->   Nachruf der N.Y. Times
 
 
 
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01.01.2010