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Umgang mit Waffe erhöht Testosteronspiegel  
  Dass der Testosteronspiegel und die Verfügbarkeit von Schusswaffen aggressives Verhalten beeinflussen können, ist bereits seit längerem bekannt. Eine US-amerikanische Studie hat nun erstmals gezeigt, dass es zwischen diesen zwei Faktoren einen Zusammenhang gibt.  
Forscher vom Knox College in Galesburg, Illinois, haben Männern im Rahmen einer Versuchsreihe eine Pistole oder ein Kinderspiel vorgesetzt. Das Ergebnis: Allein das Hantieren mit einer Waffe erhöht bei Männern den Testosteronspiegel - und damit auch die Neigung zu aggressivem Verhalten.
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Die Studie "Guns, Testosterone, and Aggression: A Test of a Mediational Model" von Jennifer Klinesmith, Tim Kasser und Francis T. Mcandrew erscheint in der Juli-Ausgabe (Band 17, Nr. 7) des Magazins "Psychological Science".
->   Psychological Science
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Hormonspiegel schnellt in die Höhe
In einem ersten Schritt untersuchte das Forscherteam von Jennifer Klinesmith, ob die Gegenwart von Waffen zu einem Ansteigen der Testosteronwerte führt.

Zu diesem Zweck wurden 30 männlichen Studenten in zwei Testgruppen eingeteilt, von denen sich die erste 15 Minuten lang mit dem Kinderspiel "Mausefalle" beschäftigen sollte. Die eigentliche zweite Testgruppe bekam zur gleichen Zeit eine Pistole vorgelegt - unter dem Vorwand, es ginge darum, deren Funktionsweise zu untersuchen.

Vor und nach der Testphase wurde den Probanden jeweils eine Speichelprobe abgenommen, um die Konzentration des Hormons Testosteron zu bestimmen.

Das Testergebnis fiel eindeutig aus: Während jene Probanden, die sich mit dem Spielzeug beschäftigt hatten, vorher und nachher fast die gleichen Testosteronwerte aufwiesen, stieg die Hormonkonzentration bei jenen, die ihre Zeit mit der Schusswaffe verbracht hatten, um bis zu 30 Prozent an.
Testosteron steigert Aggression
Um zu überprüfen, ob diese höheren Werte auch eine erhöhte Neigung zu Aggressionen mit sich brachten, gaben die Forscher in einem zweiten Schritt allen Testpersonen einen mit Wasser gefüllten Becher und eine Flasche mit sehr scharfer Würzsauce.

Unter dem Vorwand, dass es sich um einen Geschmackssensibilitätstest handle, sollten die Probanden eine mit der Würzsauce versetzte Wasserprobe für einen anderen Teilnehmer herstellen. Dabei durften sie so viel von der scharfen Substanz ins Wasser geben wie sie wollten.

Wieder gab es deutliche Unterschiede zwischen den beiden Testgruppen: Jene Probanden, die zuvor in der "Waffengruppe" waren, gossen im Schnitt drei Mal mehr Würzsauce ins Wasser als jene aus der "Spielzeuggruppe". Je höher der Testosteronwert der Testpersonen war, desto geneigter waren sie auch, ihren Mitversuchspersonen eine extrascharfe Probe zuzubereiten.

Die Forscher sehen damit ihre These belegt, dass allein schon der Anblick und die technische Beschäftigung mit einer Waffe die Gewaltbereitschaft von Männern erhöhen kann. Testosteron spiele dabei eine entscheidende Vermittlerrolle.
Brisantes Resultat für US-Waffendebatte
Weitere empirische Studien sollen nun untersuchen, ob sich auch bei Frauen ähnliche Effekte feststellen lassen. Offen ist auch noch, ob Männer, die von Berufs wegen mit Waffen zu tun haben, gleich reagieren wie Männer, die ansonsten keinen Waffenkontakt haben.

Wenngleich die Studienautoren ihre bisherigen Ergebnisse keinesfalls als endgültig verstanden wissen wollen, könnten diese einen entscheidenden Beitrag zur alten Debatte liefern, ob die Präsenz von Waffen das Gewaltpotenzial in modernen Gesellschaften erhöht oder nicht. Waffengegner verfügen ab sofort jedenfalls über ein wissenschaftlich untermauertes Argument mehr.

[science.ORF.at, 8.5.06]
->   Knox College
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01.01.2010