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Castel Gandolfo: Gespräch über Evolution  
  "Es war eine wichtige Begegnung auf höchstem akademischem Niveau": So beschrieb Kardinal Christoph Schönborn das jüngste Treffen von Papst Benedikt XVI. mit seinen früheren Schülern in Castel Gandolfo.  
Inhaltlich stand das Verhältnis von Evolutionstheorie, Schöpfungstheologie und Vernunft im Zentrum der Gespräche. Wie es bei den Begegnungen des "Schülerkreises" Tradition ist, berichtete der einstige Lehrer seinen rund 40 Schülern auch über seine Aktivitäten, wobei Benedikt XVI. den Schwerpunkt auf die Frage des Friedens im Nahen Osten legte.
Dokumentationsband im November
Wie Kardinal Schönborn am Sonntag im Gespräch mit Kathpress mitteilte, werden die Referate und die Diskussionen der Begegnung in Castel Gandolfo in einem Dokumentationsband veröffentlicht, der im November zunächst auf Deutsch erscheinen wird.

Das Gesprächsklima in Castel Gandolfo war "sehr gut und offen", betonte der Wiener Erzbischof. Der Papst und die anderen Theologen hätten "dankbar und interessiert" die Berichte über neueste Entwicklungen im Bereich der biologischen Forschung gehört.

Der "Schülerkreis" trifft alljährlich seit 1979 zusammen, wobei jeweils ein theologisch-philosophisches Thema behandelt wird; auch Referenten von außerhalb des "Schülerkreises" werden eingeladen.
Chemiker Peter Schuster hielt Hauptvortrag
Das Hauptreferat hielt heuer der Wiener Chemiker und designierte Präsident der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Peter Schuster. Koreferenten waren der Stuttgarter Philosoph Robert Spaemann und der Münchner Jesuit P. Paul Erbrich.

Schönborn leitete mit seinem Referat über "Glaube, Vernunft und Wissenschaft" zur theologischen Auseinandersetzung über die Evolutionsdebatte weiter. Er hatte erst kürzlich bei Vorträgen in Rimini und in Alpbach Grundgedanken zu diesem Thema dargelegt.
Schönborn: "Verteidigung der Vernunft"
Dabei machte der Kardinal laut Kathpress deutlich (wie in seinem Artikel in der "New York Times" im Juli des Vorjahres), dass es nicht um einen Konflikt zwischen Glaube und Wissenschaft geht, sondern um die Verteidigung der Vernunft gegen Ansprüche des "Evolutionismus", der die Theorie Darwins ideologisch überhöht.

Ebenso klar betonte der Wiener Erzbischof, dass die katholische Kirche den "Kreationismus" ablehnt, der von einer wörtlichen Interpretation des biblischen Schöpfungsberichts ausgeht.
Am Ursprung steht "schöpferische Kraft der Vernunft"
Der Kardinal habe in Rimini und Alpbach Impulse des heutigen Papstes weitergeführt, die dieser als Kardinal und Präfekt der Glaubenskongregation im November 1999 bei seinem Aufsehen erregenden Vortrag an der Sorbonne formuliert hatte.

Kardinal Ratzinger hatte damals darauf hingewiesen, dass die Evolutionstheorie immer mehr zu einer "allumfassenden Erklärung der Wirklichkeit" geworden sei, eine Art "erste Philosophie", die sozusagen die Basis für ein "aufgeklärtes" Verständnis der Welt darstelle.

Die zentrale Frage sei aber, ob Vernunft und Rationalität am Beginn aller Dinge stehen oder "Zufall und Notwendigkeit", also Irrationalität. Das Christentum und seine Philosophie seien überzeugt, dass am Beginn aller Dinge "die schöpferische Kraft der Vernunft steht".

[science.ORF.at/APA, 4.9.06]
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01.01.2010