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Brasilianischer Hochland-Regenwald massiv bedroht  
  Während sich viele Menschen um den Amazonas-Regenwald in Brasilien sorgen und Schutzprogramme betreiben, stirbt der noch deutlich artenreichere Hochland-Regenwald an der Ostküste des Landes weiter.  
Nur noch sieben Prozent dieses einmaligen Lebensraumes sind übrig und auch diese sind massiv bedroht, berichtete Luis Schiesari, Biologe an der University of Sao Paolo, bei einem Besuch in Wien der APA. Die Bedrohung hat einen ganz bestimmten Grund.
Höhere Vielfalt als im Amazonas-Regenwald
Die so genannten Atlantischen Regenwälder bzw. die Reste davon finden sich nördlich von Sao Paolo in den Regionen Serra da Mantiqueira und Serra do Espinhaco.

"Bis jetzt weiß niemand, wie viele Tier- und Pflanzenarten in diesem Regenwald zu finden sind, ich weiß nur, dass die Vielfalt noch deutlich höher ist als im Amazonas-Regenwald", so der Wissenschaftler.
70 Frosch-Arten im Radius von drei Kilometern
Bei Untersuchungen eines Gebietes mit einem Radius von drei Kilometern fand der Amphibien-Experte nicht weniger als 70 Frosch-Arten. Zum Vergleich, im Tiefland-Regenwald beim Amazonas sind es etwa halb so viele Arten.

Rund 70 Arten an Amphibien - Frösche, Kröten und sonstige Lurche - finden sich übrigens in ganz Europa.
Zwar geschützt, aber Korruption
Der Atlantische Regenwald ist mittlerweile geschützt, doch Korruption und damit verbundene unkontrollierte Ausnahmegenehmigungen sowie illegale Rodungen setzen dem Lebensraum weiter zu.

Dabei ist es vor allem ein Baum und dessen geschätzter Wirkstoff, der sich fatal für die Situation auswirkt. Der Candeia-Baum liefert nämlich das vor allem in der Kosmetik- und Pharma-Industrie geschätzte Alpha-Bisabolol.
Geschätzter Kosmetik-Wirkstoff ...
Der Stoff, der in ähnlicher Form auch von der Kamille produziert wird, wirkt entzündungshemmend und ist ein natürliches Mittel gegen Bakterien und Pilze.

Obwohl es auch eine synthetische Variante von Alpha-Bisabolol gibt, ist das Produkt des Candeia-Baumes ein beliebter und der Haut wohl tuender Zusatz für Kosmetika, so für Sonnenschutzmittel, Feuchtigkeitscremes und sogar für die Säuglingspflege.
... vom Candeia-Baum
Was dem Menschen nützt, schadet der Natur, denn der Candeia-Baum ist nicht irgendeine Pflanze im Gefüge des Regenwaldes. Er ist eine so genannte Pionier-Pflanze und macht sich als erster Wiederbesiedler nach Kahlschlägen, Bränden oder auch Windwürfen bemerkbar.

Der Candeia, der nur für den Atlantischen Regenwald typisch ist, hilft somit gleichsam, geschlagene Wunden in den Regenwald wieder zu verschießen.
Rodung problematisch
Werden die Bäume auf derartigen Flächen aber ständig gefällt, schließt sich die Wunde eben nicht, das Gelände bleibt baumlos, der ohnehin nur spärlich vorhandene Humus wird abgeschwemmt.

Der weltweite Bedarf an Alpha-Bisabolol ist somit für die Biologie des Regenwaldes ein großes Problem.
650 Hektar decken "Bedarf" pro Jahr
Der Bedarf an Alpha-Bisabolol, das aus dem destillierten Öl des Baumes gewonnen wird, beläuft sich weltweit auf rund 100 Millionen Tonnen. Aus einem Kubikmeter Holz lassen sich zehn Kilogramm rohes Öl gewinnen und daraus wiederum sechs Kilogramm Alpha-Bisabolol.

Der jährliche Bedarf an dem Stoff verbraucht somit 18.000 Kubikmeter Holz, umgerechtet 650 Hektar. Eine, wenn auch etwas teurere Alternative wäre die Kultivierung von Candeia-Bäumen in Plantagen.

[science.ORF.at/APA, 8.9.06]
->   University of Sao Paolo
 
 
 
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01.01.2010