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Pflanzen: Asexualität bringt Vorteile  
  Eine ungeschlechtliche Vermehrung scheint den Pflanzen Vorteile zu verschaffen: Asexuelle Organismen erobern neue Lebensräume schneller als sexuelle und haben auch größere Verbreitungsgebiete.  
Den Vorteil einer asexuellen Verbreitung haben sich beispielsweise Brombeeren, Löwenzahn und einige Gräser verschafft. Die Hintergründe für einen Verzicht auf die geschlechtliche Vermehrung untersucht Elvira Hörandl vom Department für Botanische Systematik und Evolutionsforschung der Universität Wien, wie deren Online-Zeitung berichtet.
Apomixis bei "Gold-Hahnenfuss"
Ranunculus carpaticola ist einer jener Pflanzen, die auf geschlechtliche Vermehrung verzichten und stattdessen auf Apomixis, die ungeschlechtliche Vermehrung, setzten. Die Fortpflanzung erfolgt mittels asexuell produzierter Samen.

Die asexuellen Individuen sind dabei im östlichen Mitteleuropa weit verbreitet, während sexuelle Populationen von R. carpaticola auch noch an einigen wenigen Orten existieren. Für Hörandl ist dabei Apomixis eine Art "Notfallplan für schlechtere Zeiten".
Evolution durch Hybridbildung
Untersuchungen der Botanikerin zufolge haben sich die asexuellen Pflanzen (Apomikten) im Laufe der Evolution durch Artenkreuzung, der so genannten Hybridisierung, aus ihren sexuellen Vorfahren entwickelt.

"Im Genom der Apomikten findet man noch sehr schön die spezifischen DNA-Fingerabdrücke von beiden Elternteilen", erläutert Hörandl dazu, "wobei die eine heute in Niederösterreich und die andere in der Slowakei vorkommt."

Die Verwandtschaftsverhältnisse von R. carpaticola brachten spezielle "DNA-Fingerprinting"-Analysen zutage. Diese ermöglichen einen Querschnitt über das Genom und die Analyse hochvariabler DNA-Regionen.
Eiszeit als Auslöser
Der Übergang zur ungeschlechtlichen Fortpflanzung dürfte sich bei R. carpaticola offenbar schon vor geraumer Zeit vollzogen haben - vermutlich in jener Periode, als noch große Teile Europas mit Gletscher bedeckt waren.

"Wahrscheinlich haben klimatische Schwankungen zu Veränderungen der Areale der heute getrennten Elternarten geführt und damit einen Hybridisierungsvorgang ermöglicht", sagt Hörandl. Dafür spräche das heutige Verbreitungsmuster.
Mechanismus der Entstehung unklar, ...
Die Entstehung von asexueller Vermehrung ist komplex, der genetische Regelmechanismus dahinter liegt noch weitgehend im Dunkeln, schreibt die Universität Wien. Bis jetzt sei es auch noch nicht gelungen, diesen Vorgang unter Laborbedingungen nachzuahmen.

Wahrscheinlich führe Hybridisierung zu Umbauten und zu einer Reorganisation im Genom, möglicherweise auch zu Änderungen in der Genexpression.
... aber von Vorteil
Gelingt der Natur allerdings der Übergang, bringt dies für die jeweilige Art offensichtlich einige Vorteile. Asexuelle Organismen verdrängen dann vermutlich ihre sexuellen Artgenossen oder sind erfolgreicher in der Besiedlung neuer Lebensräume.

Vor allem in alpinen oder nordischen Regionen würde dieses Phänomen häufig beobachtet.
Ausbreitungserfolg noch nicht ergründet
Auch die Ursachen für den Ausbreitungserfolg sind bisher noch nicht ergründet. Eine weit verbreitete Theorie besagt, dass es an der Unabhängigkeit von bestäubenden Insekten liegen könnte.

[science.ORF.at, 11.9.06]
->   Elvira Hörandl - Department für Botanische Systematik und Evolutionsforschung
->   www.dieuniversitaet-online.at
Mehr zum Thema in science.ORF.at:
->   Asexuelle Vermehrung bei Trüffeln entdeckt (13.8.04)
 
 
 
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01.01.2010