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Diabetes-Ursprung: Kraftwerke der Zellen gestört  
  Körperfett allein macht noch keinen Typ-2-Diabetes: Es sind Störungen der Energiegewinnung in den Mitochondrien. Ein Wiener Endokrinologe wird nun für seine diesbezügliche Ursachenforschung geehrt.  
Die Mitochondrien, die Kraftwerke der Zellen, sind die Basis eines Paradoxons: Einerseits ist das überreiche Nahrungsangebot in Industrienationen an der Entstehung der Stoffwechselkrankheit beteiligt, andererseits können Zuckerkranke und viele Übergewichtige die im Körper übermäßig vorhandene Energie nicht verwerten.

Für wesentliche Forschungen auf diesem Gebiet erhält nun der Wiener Endokrinologe Michael Roden den Minkoswki-Preis der Europäischen Diabetologen-Gesellschaft.
Vorstufe: Insulinresistenz ...
Am Beginn der Erkrankung steht somit die Insulinresistenz, die Vorstufe des Typ 2 Diabetes. Sie führt dazu, dass die Zellen nicht mehr auf das Hormon Insulin reagieren.

"Zucker und Fettsäuren bleiben im Blut und schädigen auf lange Sicht gesehen alle Körperzellen", erklärte Roden, Leiter der 1. Medizinischen Abteilung und Direktor des Landsteiner-Institutes für Endokrinologie und Stoffwechsel am Wiener Hanusch-Krankenhaus.
... im Zusammenhang mit Nahrungsüberangebot
Der Experte über seine Arbeiten: "Um den Zusammenhang zwischen dem Überangebot an Nahrung und der Insulinresistenz auf molekularer Ebene zu verstehen, haben wir gesunden Probanden Fette und Aminosäuren verabreicht und ihren Weg im Körper verfolgt.

Das Ergebnis: Sogar geringe Konzentrationen von Fett und Aminosäuren im Blut führen direkt zur Insulinresistenz."
"Fat Overflow Hypothesis"
Roden sieht einen Zusammenhang der neuen Ergebnisse mit der von ihm mitentwickelten "Fat Overflow Hypothesis": Neben übermäßigem Fettkonsum schädigen aber auch Alterungsprozesse die Mitochondrien. Das wiederum führt zu einem Anstieg von Fettsäuren und ihren Stoffwechselprodukten in den Muskelzellen und damit zur Insulinresistenz.

Ähnlich fatale Folgen hat Rodens Studien zufolge ein Übermaß an Aminosäuren, den Bausteinen der Proteine.
Wissenschaftliche Ernährungstipps
"Unser Ziel muss es daher sein, diese Erkenntnisse auch umzusetzen", sagt Roden, der auch an einer europäischen Diabetes-Präventionsstudie an der Donau-Universität Krems beteiligt ist.

Der Wissenschaftler liefert die grundlagenwissenschaftliche Erklärung für Ernährungsempfehlungen zur Diabetesprävention: weniger fettes Fleisch, weniger Fertiggerichte, weniger Süßigkeiten, stattdessen mehr Obst und Gemüse und vor allem mehr Bewegung.
Forschung im Labor und am Krankenbett
Neben seinen Studien an Fett- und Aminosäuren, an Mitochondrien, Leber- und Muskelzellen widmet sich der Wissenschaftler auch der Neuroendokrinologie bei morbider Fettsucht und den Folgen der Unterzuckerung.

"Für mich ist es wesentlich, den Gesamtzusammenhang des endokrinen Systems zu erforschen. Es geht daher in meinen Arbeiten nicht allein um Glukose und Diabetes, sondern um die übergeordnete Regulierung der Vorgänge der Hormonsysteme des Menschen", erläutert Roden.

Dazu reicht das Labor nicht aus. "Um zu sehen, wie diese Systeme funktionieren, ist es wichtig, klinisch und praktisch dabei zu sein - beim Patienten am Krankenbett also", fügte er hinzu.

[science.ORF.at/APA, 19.9.06]
->   Hanusch-Krankenhaus
->   Minkowski Prize 2006 der Europäischen Diabetologen-Gesellschaft (EASD)
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01.01.2010