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Eisschmelze öffnet Passage von Spitzbergen bis Nordpol  
  Die Eisschmelze in der Arktis nimmt immer drastischere Formen an: Die europäische Raumfahrtagentur ESA meldet unter Berufung auf Satellitenbilder von Ende August erste "dramatische Öffnungen" des vermeintlich ewigen Eises im hohen Norden. Die Wissenschaftler sind schockiert.  
Schiffsreise zum Nordpol möglich
"Es ist höchst vorstellbar, dass ein Schiff mühelos von Spitzbergen oder Nordsibirien bis zum Nordpol durch das gelangt wäre, was normalerweise Packeis ist", erklärte Mark Drinkwater, Eis- und Ozeanfachmann der ESA.

Die Risse im Packeis - die sich mit Beginn des arktischen Herbstes in den vergangenen Wochen zunächst wieder schlossen - zogen sich über ein Gebiet hin, das größer ist als die Britischen Inseln. Derartiges sei in den vergangenen Jahrzehnten noch nie beobachtet worden, betonte Drinkwater.
Dünne Eisdecke
 
Bild: ESA

Bild oben: Envisat-Aufnahme vom 29. August 2006. Zu sehen ist eine Region mit ungewöhnlich dünner Eisdecke aus dem Norden von Svalbard, Norwegen.
Ein Siebtel des Eisbestandes verloren
Erst vergangene Woche hatten US-Klimaforscher Alarm geschlagen, weil das "ewige" Eis in der Arktis zuletzt drastisch abschmolz und sie nun eine Spirale der Erwärmung im hohen Norden fürchten.

Demnach gingen allein von 2004 bis 2005 etwa 720.000 Quadratkilometer und damit ein Siebtel des ganzjährig vorhandenen Eises verloren. Dies entsprach einem Gebiet von der Größe des US-Bundesstaates Texas.

Im September 2005 wurde so wenig Eis in der Arktis gemessen wie noch nie seit Beginn der Satelliten-Aufzeichnungen im Jahr 1978. Betroffen war vor allem der Ostarktische Ozean oberhalb von Europa und Asien.
->   Arktis: Drastischer Rückgang des ewigen Eises
Stürme zerstören Eisdecke - Sonne wärmt Wasser
Die ESA führte die diesmal beobachteten Änderungen auch auf die Stürme des vergangenen Spätsommers zurück: "Spätsommerstürme haben das Eis aufgerissen, so dass die Sonne durch die Lücken den Ozean erwärmte statt wie sonst von der Eisdecke reflektiert zu werden", erläuterte Drinkwater: "Also schmilzt Eis weg, und deshalb haben wir jetzt diese gigantischen Spalten."

Die Eis-Konzentration im Gebiet zwischen Spitzbergen, dem Nordpol und Sewernaja Semlija lag den Angaben zufolge deutlich unter den bisher gemessenen Werten. "Wenn dieser anormale Trend sich fortsetzt, wird die Nordost-Passage zwischen Europa und Asien längere Zeit über offen sein", so Drinkwater.

Dann sei denkbar, dass in zehn oder zwanzig Jahren sogar Weltumseglungen direkt durch den sommerlichen Arktischen Ozean versucht würden.
2005 und 2006 im Vergleich
 
Bild: ESA

Bild oben: Aufnahme des Forschungssatteliten Aqua vom 24. August 2005 (links) und 2006 (rechts). Der schwarze Kreis in der Mitte markiert den Nordpol, links ist das nördliche Grönland zu sehen, darunter Spitzbergen (beide schwarz). Auf dem rechten Bild sind zum Größenvergleich die Umrisse Großbritanniens eingezeichnet.

Ein Vergleich der beiden Aufnahmen zeigt: Die arktische Packeisdichte in Richtung Spitzbergen hat im Jahr 2006 deutlich abgenommen (grün-gelbe Region).
Ökologische und geopolitische Folgen
Das offenbar durch den Treibhauseffekt und die allgemeine Erderwärmung ausgelöste Schmelzen des arktischen Eises sehen Wissenschaftler mit großer Sorge. Es stört offenbar wichtige Meeresströmungen wie den warmen Golfstrom, der weiten Teilen Westeuropas mildes Klima bringt.

Tiere wie Eisbären und Seehunde, deren Lebenszyklen vom Eis abhängen, drohen durch die Schmelze schwer getroffen zu werden. Das Phänomen hat auch geopolitische Folgen - so streiten Kanada, Russland und die USA um die Rechte für Nordpol-Passagen.

[science.ORF.at/APA/AFP/dpa, 21.9.06]
->   ESA
->   Arktis - Wikipedia
 
 
 
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01.01.2010