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ORF ON Science :  News :  Umwelt und Klima 
 
Studie: In den letzten 12.000 Jahren war es nie wärmer  
  Einer neuen NASA-Studie zufolge war das Erdklima seit Ende der letzten Eiszeit nie wärmer als heute. Den Klimatologen zufolge sind die globalen Oberflächentemperaturen insbesondere in den letzten 30 Jahren schneller, nämlich um durchschnittlich 0,2 Grad Celsius pro Jahrzehnt, gestiegen.  
Das berichten Forscher um US-Klimaexperten James Hansen, Direktor des NASA Goddard Institute for Space Science, in der aktuellen Fachzeitschrift "Proceedings of the National Academy of Sciences/PNAS".
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Der Artikel "Global temperature change" von James Hansen et al. ist als Vorab-Publikation der Fachzeitschrift "Proceedings of the National Academy of Sciences" (25. September 2006; DOI: 10.1073/pnas.0606291103) erschienen.
->   Abstract (Open Access-Artikel)
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Eigene Rechnung "beglichen"
Hansen und sein Team untersuchten u.a. globale Temperaturdaten der letzten hundert Jahre: Daten meteorologischer Stationen, von Schiffen und von Satellitenbildern.

Ein Ergebnis: Die Erde hat sich in den letzten 30 Jahren um ungefähr 0,2 Grad Celsius pro Jahrzehnt erwärmt. Damit bestätigen der US-Klimaexperte Hansen und seine Kollegen eigene Vorhersagen aus den 1980er Jahren. Damalige Berechnungen mittels Klimasimulationen berücksichtigten bereits die schwankenden Konzentrationen von Treibhausgasen.

Damalige Vorwürfe mangelnder Qualität - so etwa von dem amerikanischen Schriftsteller und Regisseur Michael Crichton ("State of Fear", 2004), der die Klimamodelle als "zu 300 Prozent falsch" bezeichnete -, würden damit wohl entkräftet. In den letzten Jahrzehnten seien die durch den Menschen verursachten Treibhausgasemissionen der dominante Faktor für einen Klimawandel gewesen.

Es zeigt sich laut Hansen auch, "dass wir uns einem gefährlichen Maß von menschengemachter Verschmutzung genähert haben".
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James Hansen ist der leitende Klimatologe und Direktor des NASA Goddard Institute for Space Science. Als solcher wies er bereits im Jahr 1988 auf die Verbindung von Klimaerwärmung und durch Menschen verursachte Treibhausgasemissionen hin. Als einer der Ersten vertrat er den Ansatz eines durch den Menschen verstärkten Klimawandels - sehr zum Missfallen der US-Regierung. In Interviews Ende 2005 und Anfang 2006 erhob der NASA-Klimaexperte öffentlich den Vorwurf, von der US-Regierung zensuriert worden zu sein.
->   Bush-Regierung ließ Forschung frisieren (17.2.06)
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Wärmere Temperaturen vor allem im Norden
 
Bild: NASA

Anomalien der Oberflächentemperaturen der Ozeane und der Lufttemperaturen über Land von 2001 bis 2005 in Vergleich zum Jahr 1980. Rottöne markieren Regionen der Erwärmung, Blautöne jene der Abkühlung

Die Klimastudie zeigt, dass die globale Erwärmung am stärksten in den höheren Breitengraden der nördlichen Hemisphäre ausfällt - dabei stärker über Landmassen als über den Ozeanen.

Das Schmelzen von Eis und Schnee ist dabei von großer Bedeutung: Werden ehemals weiße Flächen plötzlich eisfrei, so wird von dem "dunkleren" Untergrund mehr Sonnenlicht absorbiert und die globale Erwärmung verstärkt.

Die Erwärmung von Luftmassen über den Ozeanen sei hingegen geringer, da hier eine Durchmischung von Oberflächen- und Tiefenwassern stattfindet. Eine Erwärmung der oberflächlichen Wassertemperatur der Ozeane würde entsprechend viel langsamer vollzogen, so die Forscher.
Ozeane als Klimaanzeiger
Um nicht nur das globale Klima des letzten Jahrhunderts, sondern der letzten Jahrtausende abzubilden, verglichen Hansen und sein Team jüngere Messdaten mit Paläoklimadaten. So können etwa historische Oberflächentemperaturen der Ozeane vom Magnesiumgehalt in Tierschalen abgeleitet werden, die sich in den Meeressedimenten ablagerten.

Aus den Daten der "Klimaarchive" lässt sich auch ableiten, dass vor rund 12.000 Jahren das Eiszeitalter (Pleistozän) von einer endgültigen Erwärmung und damit der derzeitigen Warmzeit (Holozän) abgelöst wurde.

Die Forscher erkannten, dass der westliche äquatoriale Pazifik und der Indische Ozean derzeit die höchsten Werte des Holozäns erreicht haben. Da insbesondere diese Ozeanregionen als "globale Klimaanzeiger" gelten, lautet die Schlussfolgerung der Forscher in aller Kürze: Die Erde ist somit nun auch genauso warm wie zum wärmsten Zeitpunkt im Holozän - oder sogar wärmer.
->   Holozän - Wikipedia
Stärkere "El Ninos"?
Laut den US-Klimatologen hat sich der westliche äquatoriale Pazifik über die letzten hundert Jahre schneller erwärmt als der östliche. Wahrscheinlich sei die östliche Region in der Nähe Südamerikas durch das Aufsteigen von kaltem Wasser aus größeren Tiefen kühler gehalten worden. Ozeanwasser in tieferen Schichten sei noch nicht sehr durch die menschliche Erwärmung beeinträchtigt.

Das gesteigerte Temperaturgefälle könnte, so vermuten die Wissenschaftler, die Wahrscheinlichkeit von stärkeren "El Nino"-Ereignissen erhöht haben, wie sie etwa 1983 und 1998 auftraten.
->   El Nino im 20. Jahrhundert am schlimmsten (25.1.01)
Ein Grad Celsius - kritisches Maß
 
Bild: NASA

Jährliche Anomalien der Oberflächentemperaturen in Relation zu 1980

Für Hansen und sein Team ist eine weitere globale Erderwärmung von einem Grad Celsius ein kritisches Maß. Falls die zukünftige Erderwärmung darunter gehalten werden könnte, sei noch einigermaßen mit ihr umzugehen.

Doch eine Erderwärmung von über einem Grad Celsius, etwa zwei bis drei Grad, würde den Planeten so verändern, wie der Mensch ihn in den letzten Millionen Jahren nicht "gesehen" hätte. Die Wasserspiegel der Ozeane lägen dann schätzungsweise 25 Meter über den heutigen.
Pflanzen und Tiere wandern bereits jetzt
Pflanzen und Tiere vollziehen bereits als Reaktion auf die Erderwärmung eine Migration in Richtung der Pole, um "ihren" Klimazonen treu zu blieben. Eine Studie aus dem Jahr 2003 bezifferte das Wandertempo von 1.700 Pflanzen- und Tierarten polwärts mit einer durchschnittlichen Rate von sechs Kilometern pro Jahrzehnt - seit den 1950er Jahren (Nature, Bd. 421,S. 37).

Das vorgelegte Tempo ist zu langsam: Die Klimazonen ziehen schneller polwärts, so Hansen. In der jüngeren Vergangenheit (1975 bis 2005) waren es rund 40 Kilometer pro Jahrzehnt. Es drohe somit das Aussterben vieler Arten.

[science.ORF.at, 27.9.06]
->   Website von James E. Hansen
->   NASA Goddard Institute for Space Studies (GISS)
->   Alle Beiträge zum Stichwort Erderwärmung im science.ORF.at-Archiv
 
 
 
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01.01.2010