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ÖAW mit Liquiditätsproblemen  
  Die Akademie der Wissenschaften (ÖAW) sitzt derzeit in einer "Liquiditätsfalle". Für das heurige Jahr fehlt ein zweistelliger Millionenbetrag, der durch die monatlichen Zahlungen nicht aufgebracht werden kann.  
Dies betonte der seit 1. Oktober amtierende neue Präsident Peter Schuster bei einer Pressekonferenz.

Um Spitzenforschung betreiben zu können, benötige die Akademie mittelfristige Planungssicherheit. Dabei gehe es primär nicht um mehr Geld ("das natürlich auch"), sondern um eine sichere Finanzierung: Mehr Mittel müssten aus dem regulären Budget kommen, um sich nicht auf Sondermittel verlassen zu müssen.
Regelmäßige Einkünfte zu gering
Bis zum Ende des Jahres müsse die ÖAW Verpflichtungen in der Höhe von 12,6 Mio. Euro abdecken, so Schuster. Monatlich erhalte die Akademie aber nur zwischen 2,1 und 2,9 Mio. Euro. Rechnet man das Jahresbudget der ÖAW von rund 80 Mio. Euro auf Monatsbeträge herunter, müssten rund 6,5 Mio. Euro zur Verfügung stehen.

Die Differenz müsse durch Einmalzahlungen, die aber nur unregelmäßig einträfen, getragen werden, so Schuster. Bereits im Sommer sei es deshalb zwei Mal fast zu Liquiditätsproblemen gekommen. In den vergangenen Jahren habe die Akademie solche Engpässe durch frühere Ansparungen überbrückt - diese seien aber mittlerweile aufgebraucht.
"Auf dieser Basis keine Spitzenforschung"
Die monatlichen Zahlungen seien bei weitem zu niedrig, um den Forschungsbetrieb gewährleisten zu können, betonte ÖAW-Vize Herbert Matis. Die nächsten Monate seien eine "äußerst kritische Zeit".

Dazu komme noch, dass viele Beamtenstellen in der ÖAW ohne Nachbesetzung auslaufen und damit "lebende Subventionen" wegfallen würden. "Auf dieser Basis können Sie keine Spitzenforschung betreiben", so Matis.
Vorbild Max-Planck-Gesellschaft
Schuster wünscht sich ähnliche Finanzierungsmodalitäten wie die Max-Planck-Gesellschaft in Deutschland. Diese könne - ähnlich wie bei einem Konto - das bei öffentlichen Stellen gelagerte Geld einfach abrufen - natürlich unter Kontrolle von Rechnungsprüfern.

Die ÖAW dagegen müsse die vielen involvierten Stellen wie etwa Bildungsministerium, Finanzministerium oder Forschungsrat bemühen. Einmalige Zuwendungen im Sinne von Anschubfinanzierungen würden zwar für den Augenblick helfen, seien aber für den ordentlichen Betrieb ungeeignet.
Ausweitung der Nachwuchsförderung
Das geplante Forschungskuratorium als eine Art Beirat zwischen Gesamtakademie, Präsidium und Akademieinstituten soll laut Schuster in frühestens einem halben Jahr stehen und neben internationalen Experten auch ÖAW-Mitglieder beinhalten. Als Obergrenze sind derzeit 14 Personen geplant.

Ausweiten will er die Nachwuchsförderung: Neben der Schaffung einer "Jungen Akademie" soll die Zahl der von der ÖAW vergebenen Stipendien an Doktoranden und Post-Docs erhöht werden, um die "enttäuschend hohe Ablehnungsrate sehr gut beurteilter Projekte zu verringern".
Präsidenten-Wahl: Juristische Zweifel zurückgewiesen
Scharf wandte sich Matis gegen Kritik an den Vorgängen bei der Wahl Schusters im Frühjahr. Auf Grund eines Widerspruchs zwischen ÖAW-Geschäftsordnung und -Satzung hatten einige ÖAW-Mitglieder Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Bestellung geübt.

Auf Grund dieses Widerspruchs könne man "einen Interpretationsspielraum konstruieren, wenn man der Akademie Übles will", so Matis. Jene Mitglieder sollten sich aber überlegen, was ihnen mehr am Herzen liege, das Wohl der Akademie oder die Befriedigung persönlicher Eitelkeiten.
Kooperation mit ISTA möglich
Das "Institute for Science and Technology Austria" (ISTA) hält Schuster nach wie vor für eine "ganz hervorragende Einrichtung". Den Standort Maria Gugging (NÖ) hält er zwar für gewisse wissenschaftliche Aufgaben für hervorragend geeignet:

Eine wissenschaftliche Spitzenforschungs-Einrichtung müsse aber auch die Möglichkeit haben, in der Nähe Industriebetriebe anzusiedeln, die eine gewisse Infrastruktur benötigen: "Das ist im Wienerwald nicht gegeben."

Eine Zusammenarbeit zwischen ISTA und ÖAW ist für Schuster durchaus möglich: Er halte aber nichts von einer "Top-Down-Verordnung" von Kooperation. Eine solche müsse aus gemeinsamem Interesse selbst entstehen.

[science.ORF.at/APA, 3.10.06]
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01.01.2010