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Alaska-Sturm lässt Eisberg in der Antarktis zerbrechen  
  Im Oktober 2005 hat ein schwerer Sturm im Golf von Alaska getobt. US-Forscher haben nun festgestellt, dass der Sturm einen riesigen Eisberg in 13.500 Kilometer Entfernung zerbrechen ließ. Die von ihm ausgelösten Wellen erreichten die Antarktis sechs Tage später.  
Ihre Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen den zwei Ereignissen - dem Sturm in Alaska und dem Zerbrechen des Eisbergs - stellen nun Douglas MacAyeal von der University of Chicago und Emile Okal von der Northwestern University vor.
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Der Artikel "Transoceanic wave propagation links iceberg calving margins of Antarctica with storms in tropics and Northern Hemisphere" ist erschien als Online-Publikation bei den "Geophysical Research Letters" (DOI: 10.1029/2006GL027235).
->   Abstract
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Eisberg-Riese "B15A" ...
Bild: Robert Bindschaldler, NASA Goddard Space Flight Center
Eisberg "B15A" im Januar 2005
Im Jahr 2000 brach der Eisberg "B15" vom Ross-Schelfeis in der Antarktis ab. Er war ursprünglich 11.600 Quadratkilometer groß.

Zwei Jahre später zerfiel "B15" in einzelne Stücke: Dabei entstand u.a. das Bruchstück "B15A". Und genau dieser Eisberg fiel den Wellen des Alaska-Sturms zum Opfer.

Vor seinem Zerbrechen war "B15A" rund 95 Kilometer lang und 30 Kilometer breit. MacAyeal und seine Kollegen hatten ihn nach seiner Trennung von "B15" mit Seismographen und anderen Messinstrumenten versehen, um die von Eisbergen produzierte "Musik" und verwandte Phänomene zu studieren - ihre ursprüngliche Idee.
... zerbrach im Oktober 2005
Am 27. Oktober 2005 zerbrach dann allerdings ihr Versuchobjekt in ein halbes Dutzend Stücke, belegen Satellitenbilder der University of Wisconsin.

Die Seismographen registrierten bereits zwölf Stunden vor dem Zerbrechen Bewegungen im Eisberg "B15A". Die Bewegungsmuster lassen die Forscher auf eine so genannte Dünung schließen.
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Dünung
Ozeanographen wissen bereits seit einigen Jahrzehnten, dass an der Wasseroberfläche durch Wind erzeugte Wellen (Seegang) weite Strecken über die Ozeane zurücklegen können. Ein Seegang, der nicht mehr unter dem Einfluss der Windes am Ursprungsort steht, wird dabei als Dünung bezeichnet.
->   Seegang - Wikipedia
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Wellenvergleich
Um ihre Vermutung zu untermauern, machten sich die Forscher auf die Suche nach einem "passenden" Sturm, der als Auslöser gelten könnte - und wurden fündig: Das Team gelang es, die Distanz vom Sturm auf Grundlage des seismographischen Datenmaterials zu berechnen, indem sie die Ankunftszeit der schnelleren, langen Wellen mit den langsameren, kurzen Wellen verglichen.

Das Ergebnis: Den auslösenden Sturm gab es in einer Entfernung von 13.500 Kilometern sechs Tage zuvor im Pazifischen Ozean. "Es war in der Wintersaison der erste wirklich große Sturm, der sich entwickelte und für ungefähr eineinhalb Tage im Golf von Alaska tobte", sagt MacAyeal in einer Aussendung der University of Chicago.
Wellen quer über Pazifik verfolgt
Die US-Forscher fanden noch mehr Belege für einen Zusammenhang: "Wir sahen, dass die Wellen in Alaska zunächst rund 10,7 Meter hoch waren - und zwei Tage später 4,6 Meter, als sie Hawaii auf dem Weg in den Süden passierten", so MacAyeal.

Drei Tage später habe ein Seismograph auf der Insel Pitcairn im südlichen Pazifik das Vorbeiziehen der "Sturmwellen" registriert. Es wäre zwar schwer vorstellbar, das kleinere Wellen einen Eisberg brechen könnten, doch bereits die Mannschaft von Kapitän James Cook der Endeavour habe bereits ihre Risiken kennen gelernt.

Die Endeavour strandete vor Australien in einer ruhigen Nacht im Jahr 1770. "Es gab dort genug Seegang, um das Boot aus dem Wasser zu heben und es schonungslos auf die Korallenriffe zu werfen." So sei auch "B15A" genau in einer Position gewesen, als die Wellen fatalen Schaden anrichten konnten, sagt MacAyeal.
->   Endeavour von James Cook - Wikipedia
Kein Einzelfall
"B15A" ist kein Einzelfall. Auch andere entfernte Stürme konnten über die Daten der Seismographen in der Antarktis ausgemacht werden.

Mit ihrer Studie wollen die Forscher u.a. darauf hinweisen, dass etwa durch einen Klimawandel ausgeöste und vermehrt auftretende Stürme nicht nur am Ort der Entstehung Schaden anrichten können, sondern auch in weit entfernten Gebieten.

So könne das globale Auftreten von Sturmereignissen auch einen Einfluss auf die antarktische Eisdecke haben, was bisher nicht berücksichtigt worden sei, warnen die Forscher.

[science.ORF.at, 3.10.06]
->   Douglas R. MacAyeal (University of Chicago)
->   "B15" bei Wikipedia
 
 
 
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01.01.2010