News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Medizin und Gesundheit 
 
Studie: Über 650.000 Tote durch Kriegsfolgen im Irak  
  Durch die Folgen des Krieges von 2003 im Irak sind nach einer regierungsunabhängigen Untersuchung bisher fast 655.000 Menschen ums Leben gekommen. Die jährliche Sterberate hat sich verdoppelt.  
Die Studie amerikanischer und irakischer Ärzte untermauere eine vor zwei Jahren erschienene Einschätzung derselben Forscher, wonach es bis zum damaligen Zeitpunkt rund 100.000 zusätzliche Todesfälle seit Kriegsbeginn gegeben habe. Seitdem habe sich die Situation dramatisch verschlechtert.
...
Die Studie "Mortality after the 2003 invasion of Iraq: a cross-sectional cluster sample survey " ist online in "The Lancet" (12. Oktober 2006; doi: 10.1016/S0140-6736(06)69491- 9) erschienen.
->   Die Studie (pdf-Datei)
...
Verdoppelung der jährlichen Sterberate
Die Wissenschaftler um Gilbert Burnham von der Johns-Hopkins-Universität in Baltimore hatten für die jetzt veröffentlichte Untersuchung 1.849 Haushalte mit knapp 13.000 Menschen an 47 zufällig ausgewählten Orten im Irak besucht.

Dort fragten sie nach Todesfällen zwischen Januar 2002 und Juni 2006, mit dem Ergebnis, dass rund 87 Prozent der 629 Registrierten nach Kriegsausbruch ums Leben gekommen waren.

Das entspricht mehr als einer Verdoppelung der jährlichen Sterberate seit Beginn der US-Invasion von 55 auf 133 Todesfälle unter 1.000 Menschen.
Zwischen 400.000 und 950.000 zusätzliche Tote
Hochgerechnet kommen die Forscher auf landesweit 392.979 bis 942.636 zusätzliche Todesfälle im Irak durch Kriegsfolgen mit einem Mittelwert von 654.965 Toten - das sind rund 2,5 Prozent der Bevölkerung.
Betonung der Regierungs-Unabhängigkeit
Das Fachblatt betont die solide Methodik der Untersuchung. Alle vier Gutachter hätten die Veröffentlichung empfohlen, heißt es in einem redaktionellen Kommentar des ältesten Medizinjournals der Welt.

Eine Gutachterin habe unterstrichen, dass diese Analyse "möglicherweise die einzige nicht regierungsfinanzierte wissenschaftliche Untersuchung sei, die eine Abschätzung der Zahl irakischer Todesfälle seit der US-Invasion liefere".
Hälfte starb gewaltsamen Tod
Für 92 Prozent der registrierten Todesfälle seien Sterbeurkunden ausgestellt worden, schreiben die Wissenschaftler in ihrer Studie. Demnach waren mit 55 Prozent die meisten zusätzlichen Todesfälle gewaltsam.

Demzufolge waren 31 Prozent der registrierten Toten aus der Zeit nach der Invasion durch Schüsse ums Leben gekommen, jeweils sieben Prozent durch Luftangriffe und Autobomben und acht Prozent durch andere Explosionen.

Dabei unterscheidet die Studie nicht, ob es sich bei den Toten um Zivilisten oder Soldaten handelt. Die Autoren der betonen die völkerrechtliche Bedeutung ihrer Ergebnisse.

[science.ORF.at/dpa, 11.10.06]
->   Gilbert Burnham, Johns-Hopkins- Universität
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Medizin und Gesundheit 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010