News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Wissen und Bildung .  Medizin und Gesundheit 
 
Pflegewissenschaft: Studenten-Betreuung gefährdet  
  Die Betreuung von mehr als 1.000 Studierenden der Pflegewissenschaft an der Uni Wien ist in Gefahr. Lehrer und Studenten beklagen die prekäre Personalsituation am Institut für Pflegewissenschaft.  
"Unter solchen Bedingungen ist das Risiko hoch, dass Studenten ihr Studium nicht beenden können", so Studentenvertreterin Eva Weberndorfer.

Die über eine Stiftungsprofessur finanzierte Lehrstuhl-Inhaberin Elisabeth Seidl bestätigte auf Anfrage der APA die Personalprobleme und verwies auf eine zunehmende Verärgerung der Stifter, die nun sogar mit der Einstellung der Zahlungen drohen würden.
Rotes Kreuz und Caritas stifteten Professur
Schon seit 2003 planen Universität Wien und Medizin-Universität Wien ein eigenes Studium Pflegewissenschaft, das bisher nur als "individuelles Diplomstudium" an der Uni Wien inskribiert werden kann.

Rotes Kreuz und Caritas unterstützten dieses Vorhaben durch die mit drei Jahren befristete Stiftung einer Professur für Pflegewissenschaft, die 2004 mit Elisabeth Seidl besetzt wurde.

Doch während in den vergangenen Jahren die Medizin-Uni Graz sowie die privaten Medizin-Unis in Salzburg und Innsbruck mit Erfolg ein Pflegewissenschafts-Studium eingerichtet haben, verzögerte sich der Start in Wien bisher.
Verschiebung der Studien
Geplant war, so Seidl, ein Bachelor-Studium im Herbst 2005 zu starten. Dem hätten auch schon die Senate von Uni und Medizin-Uni zugestimmt. Doch die Finanzierung sei nicht klar gewesen, und außerdem kam das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) über die österreichische Hochschulzugangs-Regelung dazwischen.

Da befürchtet wurde, dass ein Ansturm abgelehnter Medizin-Studenten auf die Pflegewissenschaft einsetzt, wurde der Start verschoben. Nun ist geplant, dass die Medizin-Uni Wien ab dem Studienjahr 2007/08 ein Bachelor-Studium anbietet, die Uni Wien ab 2008 ein Master-Studium.
1.000 Studierende, wenig Lehrende
Trotz aller Schwierigkeiten ist das Interesse an dem Fach groß: Bereits im Vorjahr begannen mehr als 300 Studienanfänger ein individuelles Diplomstudium, heuer sind es schon 350. Damit belegen derzeit mehr als 1.000 Studierende das Fach.

Ihnen standen am Institut für Pflegewissenschaft neben Seidl bisher nur zwei Teilzeit-Assistenten gegenüber. Angesichts dieser Studentenzahlen und der Tatsache, dass in den nächsten Jahren das auslaufende individuelle Diplomstudium und die neuen Bachelor- und Masterstudien betreut werden müssen, geht Seidl von einem Bedarf von zwei Professuren im Bereich Pflegewissenschaft aus. Ihre Nachfolge sowie eine zweite Professoren-Stelle seien seit einem halben Jahr beantragt.
Verärgerung bei Stiftern
Tatsächlich werde derzeit aber eine Assistenten-Stelle nach dem Ausscheiden einer Mitarbeiterin nicht nachbesetzt, so Seidl. Auch ihre Stelle - nach Auslaufen der Stiftungsprofessur im September 2007 - sei noch nicht ausgeschrieben, was eine übergangslose Nachfolge erschwere.

Diesbezügliche Appelle in den Rektoraten von Uni und Medizin-Uni Wien seien bisher ungehört verhallt, so Seidl. Das beklagen auch Studentenvertreterin Weberndorfer, die bisher vergeblich Kontakt zum Rektorat gesucht hat, sowie die Geldgeber:

Ein Brief der Stifter an das Rektorat der Uni Wien soll noch immer nicht beantwortet sein, die verärgerten Stifter überlegen, weitere Zahlungen für die Stiftungsprofessur vorerst einzustellen, berichtet Seidl.
Studium gerade wegen Pflegediskussion wichtig
Die Professorin versteht angesichts der Pflegediskussion in Österreich die zögerliche Haltung nicht. Österreich sei eines der letzten Länder in Europa, in denen die Pflege-Ausbildung noch nicht akademisiert sei.

"Hätten wir schon vor 20 Jahren akademische Pflege-Studien eingerichtet, gäbe es vielleicht heute schon eine Struktur einer weit verbreiteten Hauskrankenpflege wie etwa in Skandinavien, was uns viele Probleme, etwa jenes illegaler Pflegekräfte, ersparen würde", so Seidl.

[science.ORF.at, 20.11.06]
->   Institut für Pflegewissenschaft (Uni Wien)
->   Bagru Pflegewissenschaft
Mehr zu dem Thema von science.ORF.at-Host Ulrich Körtner:
->   Pflegeethik - ein neues Fachgebiet der Gesundheitsethik (20.1.04)
->   Pflegenotstand und Pflegeforschung (24.9.03)
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Wissen und Bildung .  Medizin und Gesundheit 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010