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Der Wasser abweisende Effekt: Ein "Nano-Spalt"  
  Wasser und Wasser abweisende Oberflächen wie etwa das Wachstuch, die Regenjacke und unsere Haut berühren einander "bei Kontakt" strenggenommen nicht. Wie viel sie trennt, konnte nun erstmals mit Präzision vermessen werden: Es ist ein halber Nanometer.  
Ein internationales Forscherteam um Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Metallforschung hat auf molekularer Ebene untersucht, was an der Grenze zwischen Wasser und einem Wasser abweisenden Material passiert. Sie maßen den Spalt mit Hilfe sehr intensiver "Synchrotron-Röntgenstrahlung".

Die Ergebnisse sind unter anderem für das Verständnis biologischer Vorgänge in Zellen von Bedeutung, schreiben die Forscher in einer Aussendung.
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Der Artikel "High-resolution in situ x-ray study of the hydrophobic gap at the water - octadecyl-trichlorosilane interface" von Markus Mezger et al. ist in der Fachzeitschrift "Proceedings of the National Academy of Sciences" (Bd. 103, S. 18401, 5. Dezember 2006) erschienen.
->   Abstract
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0,2 bis 0,6 Nanometer
Wasser perlt von Wasser abstoßenden (hydrophoben) Oberflächen einfach ab. Diese hydrophoben Effekte und ihre molekularen Ursachen sind lange bekannt. Aber wie nahe die Wassermoleküle dabei der Wasser abweisenden Schicht kommen, hat nun erst ein Team um Harald Reichert vom Max-Planck-Institut für Metallforschung geklärt.

Die Lücke ist etwa so breit wie ein Wassermolekül - also nur 0,2 bis 0,6 Nanometer (1 Nanometer = ein Milliardstel eines Meters). Vorhergehende Untersuchungen ergaben diesbezüglich zum Teil widersprüchliche Ergebnisse.
Mit Hilfe von Röntgenmethode vermessen
 
Bild: Max-Planck-Institut für Metallforschung

Nanospalt zwischen den regelmäßig angeordneten Molekülen der Wasser abweisenden Schicht (rechts) und Wasser (blau hinterlegt). Die Lücke ist etwa so breit wie ein Wassermolekül.

Die Stuttgarter Forscher untersuchten den extrem schmalen Spalt mit sehr intensiven Röntgenstrahlen. Denn die "sanftere" Methode mit Neutronenstrahlen löste in früheren Versuchen die Strukturen nicht fein genug auf.

Mit der Röntgenmethode machten sie erstmals das Niemandsland zwischen Wasser und einer hydrophoben Schicht im Bereich von
Nanometern und darunter sichtbar. Die Forscher ermittelten den Abstand von 0,2 bis 0,6 Nanometer aus der Reflektion des Röntgenstrahls.

Als hydrophobe Oberfläche diente ihnen eine Siliziumtafel, auf der sie eine Schicht der sehr wasserabweisenden Substanz Octadecyltrichlorsilan aufbrachten. Das Material hielt allerdings dem Röntgenstrahl nur 50 Sekunden stand - die Messungen mussten dementsprechend schnell ablaufen.
Gelöste Gase ohne Einfluss auf Spalt
Außerdem erforschten die Wissenschaftler, ob im Wasser gelöste Gase die Breite des Spalts beeinflussen. Denn schon lange diskutiert die Fachwelt, ob unpolare Gase in der Lücke Mikrobläschen bilden und sie dadurch aufblähen.

Im Gegensatz zu den Ergebnissen früherer Studien stellten die Forscher nun fest, dass gelöste Gase - unabhängig von ihrer Art - die Beschaffenheit des Zwischenraums nicht verändern.
Relevanz bei biologischen Prozessen
"Hydrophobe Effekte sind insbesondere für biologische Prozesse sehr bedeutend, weil sie Proteinen ihre endgültige Form verleihen", sagt Harald Reichert.

In wässriger Umgebung vergraben sich die Wasser abweisenden Bestandteile eines Proteins in dessen Inneren, um nicht mit dem ungeliebten kalten Nass in Berührung zu kommen - so faltet sich das ganze Protein.

In biologischen Systemen befindet sich Wasser allerdings oft in sehr kleinen Räumen, beispielsweise winzigen Poren oder Ionenkanälen, die in Zellmembranen vorkommen. "Ob die Ergebnisse der vorliegenden Studie auch für Wasser in so einem beengten Umfeld gelten, wollen wir in Zukunft untersuchen", so Reichert.

[science.ORF.at/MPG, 12.12.06]
->   Max-Planck-Institut für Metallforschung
->   Röntgenstrahlung - Wikipedia
 
 
 
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01.01.2010