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Karpfen verjagen Konkurrenten mit "Augenblitzen"  
  Die meiste Zeit liegen nordamerikanische Saugkarpfen beinahe unsichtbar im schlammigen Flussbett und warten auf Futter. Kommt ihnen aber ein Rivale in die Quere, rollen sie ihre Augen und reflektieren Sonnenlicht gegen ihre Konkurrenten - eine außergewöhnliche und effektive Methode, um sie in die Flucht zu schlagen.  
Vom Kommunikationsverhalten der Fische berichtet ein Forscherteam um Inigo Novales Flamarique von der Simon Fraser University im kanadischen Burnaby.
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Die entsprechende Studie "Communication using eye roll reflective signalling" ist in den "Proceedings of the Royal Society B" (doi: 10.1098/rspb.2006.0246; 3. Jänner 2007) erschienen.
->   Zur Studie (sobald online)
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Bis das Weiße im Auge zu sehen ist
Kommunikation zwischen Tieren mit Hilfe von Körperreflexionen im ultravioletten Wellenbereich ist nichts Außergewöhnliches. Sehr speziell ist jedoch die Methode, die nun beim Razorback sucker (Xyrauchen texanus) entdeckt wurde.

Flamarique und sein Team beobachteten Exemplare des größten Saugkarpfen Nordamerikas im Colorado River mit Hilfe von Unterwasserkameras. Dabei zeigte sich, dass männliche Fische in der Laichzeit bei der Annäherung anderer Männchen ihre Augen rollten, bis buchstäblich das Weiße des Auges zu sehen war.

Damit reflektierten sie Sonnenlicht, das bis zum Boden des Flusses drang, als kurze Lichtblitze in Richtung ihrer Konkurrenten - laut den Forschern eindeutig, um diese aus ihrem eigenen Revier zu verjagen.
Ideale Kommunikationsform innerhalb der Art
Den stärksten Kontrast zeigten die rund halbsekündigen Lichtblitze im ultravioletten Wellenbereich, weshalb die Forscher die Augen der Tiere genauer untersuchten.

Dabei stellte sich heraus, dass sie im unteren Bereich der Netzhaut über große Mengen an Sinneszellen ("UV-Zapfen") verfügen, die auf die Lichtblitze reagieren.

Dies spricht für eine ideale Kommunikationsform innerhalb der Art: Die Signale sind zwar sehr stark, werden aber vor allem von Artgenossen wahrgenommen und nicht von möglichen Feinden.
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Zapfen in der Netzhaut
Während der Mensch über drei Typen spezialisierter Sinneszellen ("Zapfen") für Rot-, Grün- und Blaulicht in der Netzhaut verfügt, haben niedere Wirbeltiere mitunter auch Zapfen für andere Bereiche des Wellenspektrums, etwa zur Wahrnehmung von UV-Strahlen.
->   Mehr über Zapfen (Wikipedia)
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Zwei Fisch-Dummys mit Leuchtdioden
Die Forscher beobachteten die Tiere nicht nur in freier Wildbahn, sondern auch in eigens errichteten, dem ursprünglichen Habitat ähnlichen Wassertanks.

Zudem bastelten sie zwei Razorback-Modelle mit blitzenden Leichtdioden anstelle ihrer Augen und platzierten diese an den beiden Seiten der Tanks.

Dann untersuchten sie die Reaktionen von jeweils fünf männlichen und weiblichen Fischen auf die Lichtblitze, die abwechselnd von den beiden Modellen ausgesendet wurden.
Männchen erschrecken
Die Ergebnisse waren laut Auskunft der Forscher eindeutig: Während die Männchen eindeutig die Nähe der nichtblitzenden Modelle bevorzugten und die "Blitzer" mieden, zeigten die Weibchen keinerlei Präferenzen.

Damit sei auch auf die Funktion dieser außergewöhnlichen Kommunikationsform zu schließen: Männchen in Schrecken zu versetzen und aus dem Revier zu verjagen.

[science.ORF.at, 3.1.07]
->   Simon Fraser University, Biological Sciences
Mehr über Kommunikation bei Tieren in science.ORF.at:
->   Ursprung der Bienensprache: Spionageabwehr? (16.6.04)
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01.01.2010