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Quantencomputer: Wiener Physiker schalten Zufall aus  
  Der Zufall spielt in der Quantenphysik eine entscheidende Rolle. Für den Quantencomputer - ihre am häufigsten kolportierte Anwendung der Zukunft - ist er aber eher lästig. Wiener Physiker um Anton Zeilinger haben nun eine Methode optimiert, mit der die Zufallskomponente von Messergebnissen ausgeschaltet werden kann.  
Dadurch könnten Quantencomputer schneller und effizienter gemacht werden, berichten die Forscher.
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Die Studie "High-speed linear optics quantum computing using active feed-forward" ist in "Nature" (Bd. 445, S. 65, Ausgabe vom 4.1.07) erschienen.
->   Abstract
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Verschränkte Photonen: In Entfernung verbunden
Zeilinger und sein Team vom Institut für Experimentalphysik der Uni Wien sowie vom Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) setzen bei ihren Experimenten auf Photonen, also Lichtteilchen. Diese werden meist zu Paaren oder größeren Gruppen verschränkt. Derart verknüpfte Teilchen weisen die Besonderheit auf, dass sie wie mit einem unsichtbaren Faden verbunden bleiben.

Dabei können sich die Teilchen theoretisch beliebig weit von einander entfernen. Manipuliert man eines der beiden Quanten, so hat das augenblicklich auch Auswirkungen auf das Geschwisterteilchen.

Das Phänomen der Verschränkung wird unter anderem zur Verschlüsselung von Daten oder zur Entwicklung eines Quantencomputers angewendet.
Rechenoperationen durch Messungen
In ersten Ansätzen gelingt es den Forschern seit wenigen Jahren, die Verschränkungen auszunutzen, um an einer Gruppe von Quanten Rechnungen durchzuführen.

Diese Rechenoperationen sind nichts anderes als gezielte Messungen - etwa der Schwingungsebene (Polarisierung) - an einzelnen Teilchen.

Die gemessenen Teilchen gehen zwar jeweils verloren, es werden aber auch die verschränkten Geschwisterphotonen beeinflusst.
Messung legt Zustand fest
Letztendlich lässt sich durch gezielte Messungen jedes mögliche Endergebnis in Form der verbleibenden Photonen erhalten.

Der Hauptvorteil der ganzen Quantenrechnerei ist, so versichern die Wissenschaftler, dass der Zustand jedes einzelnen Teilchens vor einer Messung nicht festgelegt ist.

Es handelt sich vielmehr um eine Überlagerung aller möglichen Zustände. Erst durch die Messung wird beispielsweise die Schwingungsebene festgelegt.
Hoher Zufalls-Faktor
Ein Nachteil der Sache war bisher, dass eine Messung in der Quantenphysik dem Zufall unterworfen ist.

Das bedeutet, dass ein gewünschtes Resultat nur bei ganz bestimmten Messergebnissen zu Stande kommt. Ein Quantencomputer-User musste bisher so lange messen, bis das richtige Ergebnis zufällig auftauchte.

Schon bei einem vergleichsweise kleinen Computer, in dem zehn Messungen vorgenommen werden, bedeutet dies, dass nur in einem von tausend Fällen das richtige Ergebnis vorliegt.
Ultraschnelle Mess-Anpassung ...
Die Physiker haben deshalb nun eine Methode verfolgt, die ursprünglich von ihren Kollegen Hans Briegel und Robert Raußendorf vorgeschlagen wurde.

Dabei wird das "Zufallsproblem" ausgeschaltet, indem die Art der Messungen laufend angepasst wird. Im Fachjargon spricht man von einer "Error Correction" in Echtzeit oder auch "Vorwärtskopplung".
... schaltet Zufalls-Problem aus
Bild: Robin Riegler
Voraussetzungen dafür sind allerdings entsprechend schnelle elektronische und optische Komponenten. Die Wissenschaftler erreichten die Anpassung der Messung mit Hilfe von spezial angefertigten elektrooptischen Modulatoren (siehe Bild rechts) in weniger als 150 Nanosekunden, also milliardsten Teilen einer Sekunde.

In dieser Zeit legen die Photonen immerhin eine Strecke von 20 Metern zurück, in der Praxis sausen die Teilchen durch ein aus Platzgründen aufgerolltes Glasfaserkabel im Labor.

Durch die Vorwärtskopplung konnte die bisherige Fehlerquote jedenfalls auf Null reduziert werden, berichten die Forscher.

[science.ORF.at/APA, 4.1.07]
->   Interview dazu in futurezone.ORF.at
->   Zeilinger-Gruppe, Uni Wien
Mehr zu dem Thema in science.ORF.at:
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01.01.2010