News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Gesellschaft 
 
Ein Jahr Aktion "Lebendiges Deutsch"  
  Seit knapp einem Jahr kämpft die Aktion "Lebendiges Deutsch" gegen den überflüssigen Gebrauch englischer Wörter. Sie gibt jeden Monat deutsche Alternativen für zwei englische Begriffe bekannt.  
"Luftknödel" und "Bum-Zisch-Boing" kursierten beisielsweise als Alternative für das englische Wort Airbag, doch am Ende machte der Begriff "Prallkissen" das Rennen.

24 Anglizismen standen seit Aktionsstart auf dem Prüfstand: Vom Blackout (Empfehlung: Aussetzer) über die Flatrate (Pauschale) bis hin zum Workshop (Arbeitstreff).

"Das Echo ist erfreulich", zieht der Initiator der Aktion, Wolf Schneider, Bilanz. Allein bei der Suche nach einem deutschen Wort für Brainstorming (Denkrunde) seien gut 3.800 verschiedene Vorschläge eingegangen.
Gegen "Anprall von Amerikanismen"
"Es gibt einen ungeheuren Anprall von Amerikanismen, vor allem im Fernsehen, der Popmusik und dem Computer", klagt Schneider. Während sich andere Kulturen wie etwa die Franzosen und die Spanier dagegen wehrten, nähmen dies die Deutschen einfach hin.

"Wir haben keinen Stolz auf unsere Sprache", erklärt der Sprachpfleger, der mit zahlreichen Büchern seit Jahrzehnten für gutes Deutsch kämpft.
Werbebranche steht auf Englisch
Zwar werden solche Versuche hin und wieder als Deutschtümelei verbrämt, und vor allem in der Werbebranche gilt Englisch als hip, wie die Vielfalt von englischsprachigen Slogans zeigt. Doch die Mehrheit versteht diese Werbebotschaften oftmals nicht oder nur unzureichend. Das ergab eine Studie der Kölner Agentur Endmark.

So wurde der Werbespruch "Life by Gorgeous" (Leben auf prächtig) nur von acht Prozent der 14- bis 49-Jährigen annähernd korrekt verstanden; den Slogan "Make the most of now" (Mache das Beste aus dem Augenblick) verstand gerade mal jeder Dritte richtig - andere übersetzten ihn mit "Mach's meistens jetzt" oder gar "Mach keinen Most daraus".
Kampf gegen Windmühlen?
Angesichts der überbordenden Flut von englischen Begriffen gleicht die Arbeit der Aktion "Lebendiges Deutsch" einem Kampf gegen Windmühlen. "Wir haben noch ein schönes Stück Arbeit vor uns", sagt Schneider.

Ziel der Initiative ist es, nicht nur an vorhandene deutsche Wörter zu erinnern, sondern auch sich Vorschläge für deutsche Alternativen zu englischen Begriffen zu überlegen. Dabei kann jeder mitmachen und Ideen per Post oder E-Mail einreichen. Derzeit werden Vorschläge für das Wort Slogan gesucht.
Auch auf politischer Ebene Thema
Der Kampf ums Deutsch hat längst auch auf die politische Bühne übergegriffen. So drohte der deutsche Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) im vergangenen Jahr der EU-Kommission, dass sich das Parlament nur noch mit EU-Texten befassen werde, die in deutscher Übersetzung vorlägen. Deutsch gilt neben Englisch und Französisch als Arbeitssprache der EU.

Zudem soll nach Angaben des Auswärtigen Amtes in den sechs Monaten der EU-Präsidentschaft Deutschlands vor allem Deutsch gesprochen werden - etwa bei Pressekonferenzen und Auftritten von Politikern. Dagegen war während des finnischen und österreichischen Vorsitzes im vergangenen Jahr vor allem Englisch gesprochen worden.
Weltweit 120 Mio. deutsche Muttersprachler
Sprachpfleger und Politiker können dabei auf eindeutige Zahlen verweisen. Nach Angaben des Goethe-Institutes übertrifft Deutsch in Europa alle anderen Sprachen außer Russisch nach der Zahl der Muttersprachler.

Demnach haben 95 Millionen Menschen in Europa ihre ersten Wörter auf Deutsch gebrabbelt; weltweit gibt es sogar 120 Millionen deutsche Muttersprachler.
Sprachpfleger: Auch "schöne Importe"
Doch nicht alle englischen Begriffe sind den Sprachpflegern ein Dorn im Auge. So seien etwa die Wörter fair, fit, Flirt und Job praktische und "richtig schöne Importe aus dem Englischen".

Ob die Initiative langfristig von Erfolg gekrönt ist, muss sich noch zeigen. "Wir können nicht sagen, ob sich unsere Wörter durchsetzen", sagt Schneider. "Ich bin zufrieden, wenn auch nur die Hälfte der Vorschläge von der Sprachgemeinschaft angenommen wird."

Andreas Hummel, dpa, 22.1.07
->   Aktion Lebendiges Deutsch
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Gesellschaft 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010