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Deutliche Zunahme der FSME-Fälle  
  Die von Zecken übertragene Krankheit FSME ist seit wenigen Jahren in Europa deutlich im Vormarsch, warnen Mediziner und Virologen anlässlich einer Fachkonferenz in Wien.  
Mit ein Grund für die Zunahme von bis zu 400 Prozent an registrierten Erkrankungsfällen (seit den 70ern) seien Klimaänderungen, sagen die Experten.
Zecken ab sieben Grad aktiv
Ein Zeckenbiss im Winter - angesichts der bis vor wenigen Tagen milden Temperaturen kein Einzelfall, denn Zecken werden ab Temperaturen von siebn Grad aktiv.

In den vergangenen zwei Jahren haben die registrierten Fälle von Frühsommer-Meningo-Enzephalitis in Europa deutlich zugenommen, sagt Jochen Süss vom Friedrich-Loeffler-Institut in Jena (Deutsches Bundesinstitut für Tiergesundheit). Süss leitet das Deutsche Nationale Referenzlabor für durch Zecken übertragene Krankheiten.
Zecken-Klima
Ein Grund seien Klimaänderungen, sagt Süss im ORF Radio: Mildere Temperaturen, weniger Niederschlag im Sommer, feuchtere Winter - das sei optimales Zecken-Klima:

"Es kommt zu einer Beschleunigung des Entwicklungszyklus der Zecke. Durch mehr Sommertage und weniger Wintertage haben die Zecken pro Jahr länger Gelegenheit, ihren Lebenszyklus zu vollziehen. Es ist zu vermuten, dass sich die Ei-Produktion der Zeckenweibchen erhöht und dadurch die Populationsdichte zunimmt. Insgesamt wird es vermutlich zu einer Veränderung der Zeckenareale führen."
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"Neue" Zeckengebiete
Laut Süss sind in Deutschland zuletzt erstmals Zeckenopfer in Niedersachsen registriert worden, erstmals auch Fälle in Mittelschweden oder an der Südspitze Norwegens. Die Patienten hätten sich erwiesenermaßen nicht im Ausland angesteckt, sondern in bisher FSME- und Zeckenfreien Landstrichen.
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Vielfalt an Ursachen
Ein Bündel von sozialen und gesellschaftlichen Faktoren sowie Umwelt und Wetter dürften für die Ausbreitung der durch infizierte Zecken übertragenen Frühsommer-Meningo-Enzephalitis verantwortlich sein, so Süss.

Neben der klimatisch bedingten Ausweitung der Zecken-Gebiete sieht er Gründe für die Zunahme der gemeldeten FSME-Fälle z.B. darin, dass sich mehr Menschen im Freien aufhalten (sei es zum Wandern oder Schwammerlsuchen), dass in der Landwirtschaft weniger aggressive, aber zielgerichtete Pestizide eingesetzt werden (und damit Zecken überleben) oder dass medizinische Diagnosen und Statistiken genauer geführt werden.

Süss listet auch soziale Faktoren auf: "In den ärmeren (europäischen, Anm.) Ländern haben die Heizkosten vor allem ältere Menschen gezwungen, die Wälder wieder zur Aufbesserung ihrer Ressourcen zu nutzen."

Holzklauben statt Heizöl - das führe bei den Holzsammlern zu einem vermehrten Zeckenbissrisiko, meint der deutsche Zoonosen-Experte. Einen weiteren Grund für mehr FSME-Fälle in ehemaligen Ostblockländern sieht Süss in der Nutzung bisher brachliegender Militärzonen.
"Zeckenjahre" 2005 und 2006
"Zwischen 1974 und 2003 hat FSME in allen europäischen Ländern um 400 Prozent zugenommen. Überraschend ist, dass in den vergangenen zwei, drei Jahren noch einmal ein Zuwachs eingetreten ist." In Summe haben laut Jochen Süss die Fälle in Europa in den vergangenen zwei Jahren um 58 bis 77 Prozent zugenommen (wie z.B. in der Schweiz, Tschechien, Polen, Schweden oder Deutschland).

Barbara Daser, Ö1 Wissenschaft, 25.1.07
->   FSME - Wikipedia
->   Mehr zu FSME im science.ORF.at-Archiv
 
 
 
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01.01.2010