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Salzburger Plagiatsjäger wirft das Handtuch  
  Eineinhalb Jahre lang hat er den Kampf gegen Plagiate an heimischen Unis geführt, jetzt wirft er das Handtuch: Der Medienwissenschaftler Stefan Weber kündigte am Montag das Ende seiner Plagiatsjagd an.  
"Die Hoffnung, dass in Österreich das Bemühen um die Aufklärung von Plagiatsfällen als Qualitätssicherung der Wissenschaft wahrgenommen wird und breite Unterstützung bei den Verantwortlichen findet, hat sich nicht erfüllt. Das ist die traurige Bilanz."
Selbst Opfer eines Plagiats
Begonnen hatte Weber seine Bemühungen, nachdem er selbst Opfer geworden war: Im Sommer 2005 war einem deutschen Beamten der Doktortitel aberkannt worden, weil er in seiner Doktorarbeit rund 110 Seiten aus Webers Dissertation abgeschrieben hatte.

Seither prüfte Weber zahlreiche Arbeiten an den heimischen Universitäten und zeigte immer wieder vermeintliche Plagiatsfälle an.
Sieben pralle Ordner
38 Fälle habe er gesichert aufgedeckt, bei denen es sich nicht bloß um eine schlampige Zitierweise handle. Sieben Ordner haben sich inzwischen gefüllt.

"Fast jeden Tag bekomme ich ein Mail, in dem es heißt, Sie haben Recht, oder machen Sie weiter, aber das System macht genau das Gegenteil", so Weber.

Und bei einer öffentlichen Diskussion habe ein Teilnehmer allen Ernstes gemeint, ob man denn nicht ihm, Weber, die akademischen Grade aberkennen könne.
Nur die Uni Wien als positive Ausnahme
"In der Summe ist mir klar geworden, dass die Universitäten (mit Ausnahme der Universität Wien) auch weiterhin kein großes Interesse haben, wissenschaftliches Fehlverhalten aus der Vergangenheit aufzuklären. Die Universität Wien ist die einzige in Österreich, die auf alle meine Plagiatsanzeigen - in der Regel binnen 24 Stunden - reagiert hat und verdächtige Arbeiten auch sofort wegsperrt. Alle anderen Universitäten tun dies nicht", bilanziert der Wissenschaftler.
Arbeit wird weiter als Bedrohung gesehen
Vor allem bedauert es der Salzburger, dass auf seinen Vorschlag, eine Stelle zur Aufklärung wissenschaftlichen Fehlverhaltens analog eines Ombudsmanns einzurichten, nicht einmal reagiert worden sei.

Zudem stößt ihm sauer auf, dass einige seiner Plagiatsanzeigen öffentlich sogar als "Schweinerei" bezeichnet worden seien, eine Professorin hätte gesagt, Weber würde an den Universitäten "herumwüten".

"Offenbar nimmt man den Versuch der Aufklärung und Qualitätssicherung weiterhin als massive Bedrohung wahr", so Weber.
Grundproblem: Mangelnde Zitierkenntnisse
Das hinter der Plagiatsdiskussion stehende Problem - die zunehmende Unfähigkeit der aktuellen Studentengeneration, überhaupt noch zu zitieren und die Funktion des Zitats im Gegensatz zum eigenen Text zu erkennen - sei von den Akteuren kaum wahrgenommen worden, meinte der Wissenschaftler.

[science.ORF.at/APA, 29.1.07]
->   Publikationsliste Stefan Weber
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01.01.2010