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Rett-Syndrom könnte heilbar werden  
  Vor rund 40 Jahren wurde das Rett-Syndrom erstmals beschrieben: eine seltene genetische Krankheit, die nur bei Mädchen auftritt. Forschern ist im Labor nun erstmals eine Gentherapie gelungen.  
Sie haben an genetisch veränderten Mäusen das Gen MECP2 wieder aktiviert, das im Rahmen dieser Form von Autismus lahm gelegt wird, und dadurch den Krankheitsverlauf umgekehrt.

Von den neuen Hoffnungen zur Heilung der Krankheit berichtet eine Forschergruppe um Adrian Bird, zur Zeit an der Universität von Edinburgh und früher am Institut für Molekulare Pathologie (IMP) in Wien.
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Die Studie "Reversal of Neurological Defects in a Mouse Model of Rett Syndrome" ist online in "Science" erschienen (8.2.07; doi: 10.1126/science.1138389).
->   Abstract in "Science"
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Nur Mädchen ab sechstem Lebensmonat betroffen
Bei der Krankheit handelt es sich um eine Störung des Gehirnstoffwechsels, die nur bei Mädchen auftritt. Es kommt zu einem Stillstand der motorischen und der psychischen Entwicklung.

Ein Charakteristikum: Bei der Geburt sind die Kinder völlig gesund. Das Leiden tritt dann ab dem sechsten bis 18. Lebensmonat auf.

Der Wiener Kinderneurologe Andreas Rett (1924 bis 1997) hatte dieses Syndrom als erster beschrieben. Am Rett-Syndrom leiden weltweit rund 3.000 Kinder.
Falsche Aktivierung von Genabschnitten
Die aus Deutschland stammende und in den USA arbeitende Genetikerin Uta Francke hat die eigentliche Ursache geklärt: Veränderungen in dem von Adrian Bird 1990 entdeckten MECP2-Gen führen zu einer Störung, durch die Genabschnitte fälschlicherweise aktiviert werden und so zu dem Schaden führen.

Es handelt sich dabei um eine epigenetisch bedingte Erkrankung. Das heißt, dass die Funktion des Gens nicht durch eine DNA-Mutation, sondern durch das fehl geleitete Abschalten seiner Aktivität gestört ist.
Gegenmittel: Anti-Östrogen Tamixofen
Jetzt hat der britische Wissenschaftler einen ersten möglichen Therapieansatz geschafft: Er züchtete Mäuse, bei denen das MECP2-Gen so lange unterdrückt wurde, bis die Tiere als Gegenmittel das Anti-Östrogen Tamixofen erhielten.

Das Ergebnis: Jene Nager, bei denen das Gen wieder funktionierte, erkrankten - so die Tiere früh genug behandelt wurden -, erst gar nicht an dem künstlich hervor gerufenen Rett-Syndrom.
Keine irreparablen Schäden im Gehirn
Damit nicht genug. Der Wissenschaftler: "Wie viele andere Forscher glaubten wir, die 'Rückgabe' von MECP2 würde bei bereits kranken Mäusen nichts mehr helfen. (...) Aber unsere Ergebnisse sind ausgesprochen klar."

Die Wiederherstellung der Funktion des Gens über einen Zeitraum von vier Wochen hinweg ließ die aufgetretenen Krankheitssymptome wie Zittern und eine gestörte Atemfunktion wieder verschwinden.

Das bedeutet gleichzeitig, dass es im Rahmen des Leidens offenbar zu keinen irreparablen Schäden im Gehirn kommt. Die Tiere erlagen der schweren neurologischen Erkrankung auch nicht.
Hoffnung für Patientinnen
Bird: "Unsere Resultate sollten jenen Menschen Hoffnung geben, die vom Rett-Syndrom betroffen sind."

Das wäre nach der Erstbeschreibung der Krankheit durch Andreas Rett im Jahr 1966 der größtmögliche Fortschritt auf diesem Gebiet.

[science.ORF.at/APA, 8.2.07]
->   Österreichische Rett-Syndrom-Gesellschaft
->   Rett-Syndrom (Wikipedia)
->   Adrian Bird, Universität von Edinburgh
 
 
 
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01.01.2010