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Archäologen: Steinzeit-Liebespaar bleibt vereint  
  Vor kurzem entdeckten italienische Archäologen nahe der Stadt Mantua zwei Skelette aus dem Neolithikum, die im Grab in zärtlicher Umarmung vereint lagen. Sie sollen nun für immer in dieser Position bleiben.  
Statt die Knochen wie in solchen Fällen üblich einzeln auszugraben, soll nun die gesamte Erde rund um das Paar ausgehoben und abtransportiert werden.

Nach eingehender Untersuchung soll das Paar dann in einem italienischen Museum ausgestellt und die seit Jahrtausenden andauernde Umarmung somit für die Nachwelt erhalten werden.
Archäologisches Geheimnis
"Wir möchten, dass sie so bleiben, wie sie all die Zeit waren - zusammen", sagte die Archäologin Elena Menotti, die den Fund in der vergangenen Woche verkündete. Der Abtransport dürfte auch die Sorgen der Wissenschaftler mindern: Sie hatten wegen des weltweiten Aufsehens, das die Entdeckung erregte, extra einen Sicherheitsdienst zum Schutz der Grabungsstätte engagieren müssen.

Die nun gefundene Lösung soll den Wissenschaftlern jedoch auch eine Möglichkeit verschaffen, eines der größten Geheimnisse der italienischen Archäologie zu entschlüsseln:

Warum umarmt sich das bisher einzig bekannte, zusammen begrabene Paar aus der Jungsteinzeit? Ereilte sie ein plötzlicher Tod? War es ein rituelles Opfer? Oder nahmen sie sich - wie Shakespeares Romeo und Julia im nahe gelegenen Verona - aus Verzweiflung das Leben, weil ihre Liebe unter einem schlechten Stern stand?
"Die Liebenden von Valdaro" starben früh
Die Experten wissen bislang wenig über das Paar, das die Italiener nach der Fundstätte in einem Vorort von Mantua liebevoll "die Liebenden von Valdaro" nennen. Bisher muss die Wissenschaft auch noch bestätigen, dass es sich tatsächlich wie vermutet um einen Mann und eine Frau handelt.

Sicher sind sich die Archäologen wegen der noch relativ intakten Gebisse hingegen, dass die beiden jung verstarben. Auch, dass sie in der Jungsteinzeit lebten, scheint wegen der bei ihnen gefundenen Werkzeuge und einer Pfeilspitze unstrittig.
Grab in ost-westlicher Ausrichtung angelegt
Auch die Ausrichtung des Grabes gibt den Wissenschaftern Rätsel auf. In der Nähe sei ein weiteres Skelett gefunden worden, berichtete vor Ort die Archäologin Daniela Castagna. Dessen Grab sei - wahrscheinlich dem Lauf der Sonne folgend - in ost-westlicher Ausrichtung angelegt. Das Paar hingegen habe in Nord-Süd-Ausrichtung gelegen. "Und wir wissen nicht warum."

Erschwert wird die Einordnung der Entdeckung dem Cambridge-Experten für italienische Funde aus der Jungsteinzeit, John Robb, zufolge auch durch ihre Einzigartigkeit. Es gebe Massengräber, einzelne Knochen und alle 20 bis 30 Jahre derartig außergewöhnliche Funde. "Und diese haben vielleicht in der einen oder anderen Art mit seltenen, rituellen Umständen zu tun."

Nicht nur unter Experten, auch in Internetforen wird seit dem Fund heftig über die Hintergründe diskutiert. Einige interessieren sich dabei aber weniger für die Todesumstände als vielmehr für die Totenruhe des Paares. "Wir sagen immer 'Ruhe in Frieden' - es sei denn, du bist lang genug tot um interessant zu werden".

Phil Stewart, Reuters, 13.2.07
Mehr dazu in science.ORF.at:
->   Liebespaar in steinzeitlichem Grab entdeckt
 
 
 
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01.01.2010