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Wikipedia: Je mehr Zusammenarbeit, desto besser  
  Über die Qualität der Online-Enzyklopädie Wikipedia gibt es unterschiedliche Ansichten. Der Erfolg gibt ihr in jedem Fall Recht: Millionen Nutzer und zehntausende Autoren machen sie zu einem Musterbeispiel kollektiven Wissens. Mehrere Studien haben nun untersucht, wie die besten Artikel entstehen. Das Resultat: Je mehr Editoren beteiligt sind, desto substanzieller werden die Einträge.  
Diese Einsicht hat die Wikipedia-Gemeinde selbst hervorgebracht. Denn seit drei Jahren steigt die Anzahl der Menschen, die Beiträge gestalten oder verändern, stetig an.

Aus einer relativ kleinen "Elite" an Wikipedia-Autoren wird zunehmend eine demokratische Vielfalt.
Musterbeispiel für "digitalen Maoismus"
Gleich drei Studien untersuchen Wikipedia, dieses Musterbeispiel an "digitalem Maoismus", wie es vor kurzem der Computerwissenschaftler Jaron Lanier in einem streitbaren Beitrag bezeichnet hat.

An der Funktionsweise von Wikipedia wird immer wieder Kritik geäußert - jeder und jede kann dort Beiträge schreiben, die Korrektur erfolgt durch die Community selbst, besonders umstrittene Artikel werden als solche auch gekennzeichnet.
->   Digital Maoism: The Hazards of the New Online Collectivism (Jaron Lanier)
So gut wie die Encylopaedia Britannica
Vor über einem Jahr brach die Wissenschaftszeitschrift "Nature" eine Lanze für Wikipedia.

Ein Expertenteam hatte das Online-Nachschlagewerk nach inhaltlichen Fehlern sowie irreführenden Aussagen untersucht und mit der "Encylopaedia Britannica" verglichen.

Im Ergebnis unterschieden sich die beiden nur unwesentlich voneinander, was von der traditionellen britischen Enzyklopädie später heftig kritisiert wurde.
Viele Artikel mit vielen Gestaltern
Am Dienstag hat der Online-Dienst von "Nature" nun wieder von drei Studien berichtet, die den Erfolg von Wikipedia zu erklären versuchen.

Dennis Wilkinson und Bernardo Huberman von den Forschungslaboratorien Hewlett Packard's zeigen in einer Studie, die auf dem Preprint-Server arXiv.org erschienen ist, dass es eine relativ hohe Anzahl sehr stark editierter Artikel - d.h. mit vielen verschiedenen Beitragsgestaltern - gibt.

Diese sind nach Ansicht der Community auch tatsächlich die besten Artikel und werden auch vergleichsweise öfter gelesen.
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Die Studie "Assessing the Value of Coooperation in Wikipedia" von
Wilkinson und Huberman ist auf dem Preprint-Server arXiv.org erschienen:
->   Studie
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Wikipedia-"Elite" wird immer unwichtiger
Aniket Kittur von der University of California in Los Angeles räumt mit dem Vorurteil auf, wonach es sich bei den Wikipedia-Aktiven um eine Art Oligarchie handle.

Gemeinsam mit Kollegen hat er die 1,6 Millionen Einträge der britischen Ausgabe mitsamt ihren 58 Millionen Änderungen untersucht, und sich die Frage gestellt, wer dafür verantwortlich ist.

Seiner Ansicht demokratisiert sich Wikipedia gerade. Stammten vom Gründungsjahr 2001 bis vor drei Jahren bis zu 50 Prozent aller Beiträge von Elite-Administratoren bzw. Vielschreibern, so ist diese Rate seither stetig gefallen. Heute liegt sie bei nur mehr rund zehn Prozent.
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Der Artikel "Power of the Few vs. Wisdom of the Crowd: Wikipedia and the Rise of the Bourgeoisie" von Aniket Kittur et al. wurde für die Tagung von Computerwissenschaftlern "alt.chi" geschrieben:
->   Artikel
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Bourgeoisie statt Oligarchie
Obwohl diese Elite nach wie vor die substanzielleren Beiträge liefert, ist ihr Gesamteinfluss gesunken, argumentiert Kittur.

Wikipedia sei heute von sehr viel mehr Menschen geprägt, die individuell allerdings weniger aktiv sind. Kittur und Kollegen vergleichen das mit dem Aufkommen einer starken Bourgeoisie innerhalb einer oligarchischen Gesellschaft.
Weisheit der Masse liegt in ihrer Verschiedenheit
Je mehr sich die Vertreter dieser Bourgeoisie an einem Artikel beitragen, desto besser.

Dies zeigte auch eine neuerliche Überprüfung jener Stellen, die von "Nature" vor zwei Jahren für den Test mit der "Encylopaedia Britannica" ausgewählt wurden, durch Ofer Arazy und Kollegen. Die Anzahl der Fehler sank laut ihrer Studie für einen Techno-Workshop (WITS'06) mit der Zunahme an Editoren.

Aber nicht nur die Quantität spielt eine Rolle, sondern auch die Qualität: Je unterschiedlicher die Mitglieder einer Gruppe sind, desto besser ist auch ihre gemeinsame Leistung. Die Weisheit der Masse hängt von ihrer Diversität ab, schließt "Nature".

[science.ORF.at, 28.2.07]
->   WITS'06
->   Wikipedia International
->   Nature
Mehr zu dem Thema in science.ORF.at:
->   Wikipedia: Unveränderbare Version geplant (19.12.06)
->   Encyclopaedia Britannica über "Nature" empört (24.3.06)
->   Zeitschrift "Nature" bricht eine Lanze für "Wikipedia" (15.12.05)
 
 
 
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01.01.2010