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Fettleibige Menschen essen zuerst mit den Augen  
  Schon der bloße Anblick von Speisen aktiviert bei fettleibigen Menschen das Belohnungssystem im Gehirn. Es kommt zur Ausschüttung der "Glückshormone" Dopamin und Serotonin.  
Das haben funktionelle Untersuchungen mit Magnetresonanz ergeben, berichteten jetzt Wissenschaftler beim Europäischen Radiologenkongress im Austria Center Vienna mit rund 16.000 Teilnehmern.
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Geheimnisse des Gehirns lüften
Den Schlüssel zum Verständnis dieser Vorgänge liefert eine besondere Form der Magnetresonanztomographie (MRI). Während nämlich die strukturelle Magnetresonanztomographie (sMRI) "nur" Form und Volumen bestimmter Gehirnregionen darstellt, erlaubt es die funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRI), dem Gehirn gewissermaßen bei der Arbeit zuzusehen und dabei Geheimnisse zu lüften, die den Weg zu neuen Therapieformen erleichtern könnten.
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Redensweise bewahrheitet sich
fMRI-Forschungen an der Abteilung für Radiologie der Berliner Charite haben jüngst ergeben, dass die Redensart "man isst mit den Augen" zumindest für adipöse Menschen auf problematische Weise wahr ist:

Die Wissenschaftler untersuchten die Gehirnfunktionen von 13 schwer übergewichtigen und 13 normalgewichtigen Frauen, während sie ihnen Fotos von Speisen mit unterschiedlichem Kaloriengehalt zeigten.
Mehr Aktivität, je kalorienreicher die Speise
Während die Normalgewichtigen dabei keine Gehirnaktivitäten aufwiesen, die Übergewichtige nicht auch zeigten, stimulierte die optische Konfrontation mit kulinarischen Köstlichkeiten bei den Adipositas-Patientinnen etliche Gehirnregionen, die bei den Normalgewichtigen nicht "ansprangen" - und zwar umso mehr, je kalorienhältiger die abgebildeten Speisen waren.
Geschmacks- und Belohnungszentrum aktiviert
Zusätzlich aktiviert wurde bei den "Schwergewichten" sowohl das primäre Geschmackszentrum als auch Regionen, die dem körpereigenen so genannten Belohnungssystem zugeordnet sind.

Bestimmte Schaltungen im Gehirn Übergewichtiger sorgen also dafür, dass der bloße Gedanke an Essen zur Ausschüttung der Glückshormone Dopamin und Serotonin führt - ein teuflischer Kreislauf, denn ohne Essen keine derartige Belohnung, und folglich Unlustgefühle.
Therapiebegleitung durch MRI
"Ganz ähnliche Mechanismen wurden auch in der Gehirnfunktion Glücksspielsüchtiger gefunden", bestätigte Stefan Sunaert von der Abteilung für Radiologie an der Katholischen Universität Leuven (Belgien).

"Das bedeutet, dass wir fMRI jetzt als Diagnose- und auch Kontrollinstrument für Suchttherapien verwenden können. Ein Vorher/Nachher-Vergleich der Scans müsste uns zeigen, ob eine psychologische Behandlung, die auf die Entkoppelung emotionaler Befriedigung vom Essen abzielt, wirklich gegriffen hat", meinte der Experte. Auch für die Bestimmung der Effizienz möglicher zukünftiger medikamentöser Therapien gegen Substanzabhängigkeit könnte die Methode eingesetzt werden.

[science.ORF.at/APA, 13.03.07]
->   Berliner Charite
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01.01.2010