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Neue Technik: Reisen durch den gläsernen Körper  
  Wiener Forscher haben eine neue Mikroskopietechnik entwickelt, die Organe durchsichtig erscheinen lässt. Damit sind nun am Computer 3D-Reisen durch das Innere des Körpers möglich.  
Das berichtet Hans-Ulrich Dodt, seit letzter Woche Professor an der Abteilung für Bioelektronik der Technischen Universität (TU) Wien.
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"Ultramicroscopy: three-dimensional visualization of neuronal networks in the whole mouse brain" von Hans-Ulrich Dodt et al. erschien in "Nature Methods" (Bd. 4, S. 331; doi:10.1038/nmeth1036).
->   Abstract
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Klassische Mikroskopie: Körper in feinen Scheiben
Größere Gewebeteile oder Organe auch von lebenden Organismen sind bisher mittels Computer-Tomografie (CT) oder Magnet-Resonanz-Tomographie (MRT) zu betrachten. Allerdings haben diese Verfahren meist eine Auflösung von rund einem Millimeter, Zellen sind dabei nicht zu sehen. Eine Auflösung auf zellulärer Ebene und darunter erreichen Wissenschaftler mit Licht- und Elektronenmikroskop.

Dabei muss aber jeweils das zu untersuchende Stück in winzigste Scheibchen zerschnitten werden. "Das ist nicht nur enorm aufwändig, es gehen auch aus technischen Gründen immer wieder Schnitte verloren, die dann im Gesamtbild fehlen", so Dodt. Mit der so genannten Ultra-Mikroskopie präsentiert der Wissenschaftler gleichsam ein Mittelding aus Tomographie und Mikroskopie.
Öl macht Gewebe durchsichtig
 
Bild: TU-Wien

Bild oben: Gehirn einer Maus.

Ein Gewebestück oder Organ, beispielsweise ein Maus-Gehirn, wird zuvor entwässert und das Wasser dann durch ein spezielles Öl ersetzt. Das Prinzip ist mit folgendem Effekt vergleichbar: Wird ein Tropfen Öl auf ein Löschblatt gebracht, erscheint das Papier durchsichtig. Auch das Gehirn ist durch das Öl prinzipiell durchscheinend, kann aber auf Grund der Dicke immer noch nicht direkt mit einem Mikroskop untersucht werden.

Die Forscher greifen daher zu einem Trick: Ein schmaler Lichtstrahl, im konkreten Fall ein Laser, beleuchtet das Objekt von der Seite und regt damit in der hauchdünnen Beleuchtungsebene Fluoreszenz im Gewebe an.
Fluoreszenz im Gehirn
 
Bild: TU-Wien

Bild oben: Hippocampus der Maus.

Die Bilder werden dann über ein Mikroskop-Objektiv und eine Kamera aufgezeichnet. Wie auch in der Röntgen-Tomografie wird dann Schicht für Schicht aufgenommen und über den Computer zu einem Gesamtbild zusammengefügt.

Die Forscher können auch gezielt einzelnen Zellen bzw. Zelltypen durch deren Fluoreszenz sichtbar machen. Sie arbeiten dazu mit Mäusen, denen ein Leucht-Gen einer Meeresqualle implantiert wurde. Damit leuchten bestimmte Nervenfasern im Gehirn beim Anstrahlen mit dem Laser auf.

Dodt sieht die Ultramikroskopie auch als neues Werkzeug zum Verständnis der Anatomie des Gehirns. Die Methode könnte in Zukunft auch im Unterricht von Studenten eingesetzt werden, und zwar als eine Art "Playstation Brain". "Bei einem Flug durch das gläserne Gehirn wird es für zukünftige Mediziner einfacher, das komplizierte Gewirr an Nervenzellen direkt anschaulich zu verstehen", so Dodt.

[science.ORF.at/dpa, 3.4.07]
->   Videos zur Ultramikroskopie - TU Wien
 
 
 
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01.01.2010