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Neue Methode zur Gewichtsbestimmung von Zellen  
  Forschern des Massachusetts Institute of Technology (MIT) ist es gelungen, die Masse von weniger als ein Femtogramm (10 hoch minus 15 Gramm) schweren Zellen zu messen. Im Gegensatz zu bisher gebräuchlichen Methoden wird das Ergebnis nicht durch Flüssigkeit, die die Zellen umgibt, beeinträchtigt. Die Entwicklung könnte Ärzten, die mit HIV-positiven Patienten arbeiten, zugute kommen.  
Um die Schwere der Infektion mit dem AIDS-Erreger feststellen zu können, wurden bisher Durchflusszytometer verwendet, von denen aber ein Stück mehr als 15.000 Euro kostet.

Die MIT-Forscher hingegen meinen, dass ihr Test-Chip so einfach und billig herzustellen sei, dass er nach Gebrauch einfach weggeworfen werden könnte.
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Die Studie "Weighing of biomolecules, single cells and single nanoparticles in fluid" von Scott Manalis und Kollegen ist am 26. April 2007 in "Nature" erschienen (Band 446, S. 1066-1069, DOI:10.1038/nature05741).
->   "Nature"
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In flüssiger Umgebung, und dennoch genau
"Es ist das erste Mal gelungen, das Gewicht einer Zelle mit hoher Genauigkeit zu messen", zeigen sich die Forscher stolz. Das Besondere an der neuen Technologie sei, dass Zellen in einer flüssigen Umgebung, die sie zum Überleben brauchen, bleiben können, man ihr Gewicht aber dennoch bis ins Details bestimmen kann, heißt es in einer Aussendung des MIT.
Bisher: Entweder Vibration im Vakuum und Lichtstreuung
Wollte man bisher das Gewicht so kleiner Einheiten bestimmen, musste man sich entscheiden: Die eine Möglichkeit besteht darin, ein Molekül auf eine winzig kleine Plattform aus Silizium zu legen und die Ebene ganz leicht vibrieren zu lassen. Während der Vibration schlägt das Molekül auf der Plattform auf und verändert damit ganz leicht die Frequenz. Daraus lassen sich Rückschlüsse auf dessen Masse ziehen.

Der Nachteil: Diese Methode funktioniert nur im Vakuum, ansonsten würde Luft die Oszillation und damit die Frequenz beeinflussen. Zellen können aber in einem Vakuum nicht überleben. Deshalb verwendete man als zweite Möglichkeit die Durchflusszytometrie, wenn es darum ging, Anzahl und Größe von Zellen zu bestimmen.
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Streulicht wird analysiert
Die Durchflusszytometrie wird vor allem in der Labormedizin verwendet, um Zellen des Bluts oder des Knochenmarks automatisiert zu untersuchen. Während die Zellen durch eine dünne Messkammer fließen, werden sie mit einem Laser angestrahlt und erzeugen ein charakteristisches Streulicht. Vom Streulicht kann auf Anzahl und Verteilung der verschiedenen Zelltypen in der Probe geschlossen werden.
->   Mehr über Durchflusszytometrie
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Flüssigkeit verfälscht Gewichtsmessung
Bild: Thomas Burg/MIT
Der Nachteil der Durchflusszytometrie ist aber, dass die Flüssigkeit die Gewichtsmessung leicht verfälscht. Die Lösung der MIT-Forscher: Sie nahmen einen Siliziumchip, über den ein winziger Kanal läuft. Durch den Kanal wird eine Flüssigkeit mit der zu untersuchenden Probe gepumpt. Der Kanal wiederum befindet sich in einem Vakuum, wodurch seine Vibrationsmöglichkeiten nicht beeinflusst werden.

Bisher haben die Wissenschaftler Zellen, aber auch Bakterien und Nanopartikel kleiner als ein Femtogramm gewogen (10 hoch minus 15 Gramm). Sie sind aber zuversichtlich, in naher Zukunft in noch kleinere Dimensionen vorzudringen. Neben dem Gewicht gelang es ihnen auch zu bestimmen, wie viele Partikel oder Zellen vorhanden waren - indem die Dichte der umgebenden Flüssigkeit verändert wurde.

Bild rechts: Schematische Darstellung der MIT-Entwicklung: Die zu untersuchenden Teilchen (rote "Fäden") fließen durch einen Kanal, der von einem Vakuum umgeben ist.
Hilfe bei der Zählung von weißen Blutkörperchen
Obwohl die Entwicklung eher nach Tüftelei als nach angewandter Forschung klingt, sehen die Wissenschaftler vor allem zwei Einsatzmöglichkeiten: Zum einen könnte ihr präparierter Chip eine Alternative zu teuren und großen Durchflusszytometrie-Geräten darstellen, mit denen bisher CD4-Zellen (eine besondere Art von weißen Blutkörperchen) im Blut von HIV-Patienten gezählt wurden, um die Schwere der Erkrankung zu bestimmen. Besonders in Entwicklungsländern könnte Ärzten ein einfaches und in der Herstellung billiges Gerät bei ihrer Arbeit helfen.

Zum zweiten stehen die Wissenschaftler in Kontakt mit Kollegen, die herausfinden wollen, wie sich die Massendichte einer Zelle bei der Teilung verändert. Mit der neuen Methode könnten die Forscher eine einzelne Zelle "einsperren" und über längere Zeit beobachten.

[science.ORF.at, 26.4.07]
->   Massachusetts Institute of Technology (MIT)
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01.01.2010