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Linguistin Wodak für "Freiräume des Denkens"  
  "Wir leben in der Zeit der Ökonomisierung des Alltags - auch des universitären Alltags", befand die Linguistin Ruth Wodak bei einem Vortrag in Wien. Es brauche mehr "Freiräume des Denkens".  
Die Globalisierung würde häufig als Naturgesetz - als "natürlich gegeben" - angesehen, wie auch Studien Wodaks ergeben hätten. Das führe auch zu einer Globalisierungsrhetorik, die weltweit verankert ist und durch die so genannten Think Tanks - die Denkfabriken für wirtschaftliche und politische Konzepte - legitimiert werde.

"Hinter den Worten stehen Programme, Bilder, Weltanschauungen", die häufig als solche nicht mehr wahrgenommen werden, sagte Wodak im Rahmen der Ringvorlesungen zum 20. Geburtstag der Wiener Vorlesungen.
"Produktionsstätten von Wissen"
Die Welle der Ökonomisierung und Technologisierung macht auch nicht vor den Universitäten halt: Immer mehr müssten sich Universitäten vermarkten, um am globalen Wettbewerb teilnehmen zu können - "im Sinne einer 'knowledge-based economy' oder wissensbasierten Wirtschaft. Die Universitäten mutierten zunehmend zu Produktionsstätten von Wissen", kritisierte Wodak.

Wissenschaft sei in einer Spirale gefangen, die die Wissenschaftlerin metaphorisch als "Triple-helix" bezeichnete: "Die Wissenschaft unter dem Druck von Politik und Wirtschaft. Es ist dabei kein Zufall, dass Helix aus der Genetik entlehnt ist." Zwar gebe es bei der zunehmenden Internationalisierung der Universitäten auch positive Effekte, doch "die Universitäten stehen von Wirtschaft und Politik unter Druck, die Freiräume und Kreativität sind damit eingeschränkt."
Auch Familien werden zu Firmen
Für die Universitätsprofessorin "mutieren selbst Familien zu Firmen und Mission Statements". Das zeige beispielsweise die Sprache, die in der Ratgeberliteratur verwendet würde: der "Management Speak".

Auch die in Wien gestartete Forschungs-, Technologie- und Innovationsstrategie "Wien denkt Zukunft - Wissen schafft Innovation" mache da keine Ausnahme: "Zukunft, Wissen, Innovation gehören in der Globalisierungsrhetorik zusammen - aber es ist schön, dass in Wien noch das Denken erwünscht ist", so Wodak, die seit September 2004 an der University Lancaster lehrt.
Lästig sein gehört dazu
Die Wittgenstein-Preisträgerin von 1996 strich einmal mehr die Verantwortung der Geistes- und Sozialwissenschaften hervor:

Es sei ihre Aufgabe, die gesellschaftlichen Prozesse und Veränderungen, die von der schleichenden Ökonomisierung ausgehen, zu analysieren - auch "wenn das ständige Hinterfragen als lästig gilt".

[science.ORF.at/APA, 26.4.07]
->   Mehr über Ruth Wodak
->   Das Programm von "20 Jahre Wiener Vorlesungen"
 
 
 
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01.01.2010