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Carl Friedrich von Weizsäcker gestorben  
  Der Physiker und Philosoph Carl-Friedrich von Weizsäcker ist im Alter von 94 Jahren nach langer und schwerer Krankheit im bayerischen Starnberg gestorben, wie am Wochenende bekannt wurde.  
Der mit Auszeichnungen und Ehrungen überhäufte Kieler Diplomatensohn galt einigen Forschern als der letzte deutsche Universalgelehrte. In den Zeiten der Ost-West-Konfrontation wurde die Kriegsverhütung zu seinem zentralen Engagement.
Mahner und Vordenker
Kein anderer Wissenschaftler hat sich als Zeit-Diagnostiker, Mahner und Vordenker der "Weltinnenpolitik" durch Jahrzehnte im öffentlichen Leben Deutschlands vergleichbare Autorität erworben als der Physiker und Philosoph Carl Friedrich von Weizsäcker.

Vor dem Hintergrund der Entdeckung der Uranspaltung und der damit verbundenen Möglichkeit, Atombomben zu bauen, lautete sein Leitmotiv: Die Wissenschaft trägt Verantwortung für die eigenen Ergebnisse - auch wenn deren Folgen nicht gewollt und nicht einmal absehbar sind.
Kampf gegen Atomwaffen
Bild: EPA
Carl Friedrich von Weizsäcker
im Juni 2002
Die erste politische Aktion des Physikers war 1957 die Initiative zur Erklärung der "Göttinger Achtzehn", mit der diese zur weltweiten Einstellung von Produktion und Einsatz der Atomwaffen aufriefen.

Die zweite Aktion, das "Tübinger Memorandum", wandte sich 1962 gegen Pläne des damaligen deutschen Verteidigungsminister Franz Josef Strauß (CSU), die Bundeswehr mit atomaren Waffensystemen auszurüsten.

1992 legte Carl Friedrich von Weizsäcker unter dem Titel "Zeit und Wissen" sein zweibändiges Alterswerk vor, das ein bewegtes Jahrhundert des allgemeinen Umbruchs auf vielen Ebenen widerspiegelt, wie es der Physiker und Träger des Alternativen Nobelpreises, Hans-Peter Dürr, formulierte.
Philosoph, Physiker, Technikforscher
Weizsäcker wurde am 28. Juni 1912 in Kiel geboren. In der Physik hatte der brillante junge Schüler des späteren Nobelpreisträgers Werner Heisenberg seine wissenschaftlichen Lorbeeren errungen. Seit 1957 hatte er eine Professur für Philosophie an der Universität Hamburg inne. Er beschäftigte sich mit wissenschaftstheoretisch-physikalischen Fragestellungen besonders in Hinblick auf die begrifflichen Grundlagen der Quantenphysik.

Von 1970 bis zu seiner Pensionierung 1980 leitete er zusammen mit Jürgen Habermas das in Starnberg angesiedelte Max-Planck-Institut zur Erforschung der Lebensbedingungen der wissenschaftlich-technischen Welt. Geforscht wurde interdisziplinär zu Problemen der Verteidigungspolitik, Weltwirtschaft, Soziologie und Umwelt.

Mangels eines angemessenen Nachfolgers schloss die Max-Planck-Gesellschaft das "Institut für unbequeme Fragestellungen", wie es von Weizsäcker einmal formuliert hat.
Suche nach globaler Ethik
Im Februar 2002 hatte von Weizsäcker, der sich im Alter zunehmend den (religiösen) Grundlagen einer globalen Ethik widmete, sein Leitmotiv der Verantwortung der Wissenschaft wieder eingeholt.

Die Veröffentlichung der "Bohr-Papiere" über das legendäre Treffen zwischen dem dänischen Physiker Niels Bohr und seinem Schüler Werner Heisenberg 1941 im besetzen Kopenhagen gab erneuten Anlass, über die Verstrickung der deutschen Physiker-Elite unter dem Hitler-Regime zu spekulieren.

[science.ORF.at/APA/dpa, 30.4.07]
->   Carl Friedrich von Weizsäcker (Wikipedia)
 
 
 
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01.01.2010