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Erfinder der künstlichen "Ursuppe" gestorben  
  Stanley Miller, berühmter Chemiker und Erfinder der künstlichen "Ursuppe", ist tot. Er starb im Alter von 77 Jahren bereits am Sonntag, teilte die Universität von San Diego mit.  
Bild: University of California San Diego
Miller hatte als Student 1952 in einem klassischen Experiment gezeigt, dass die Grundbausteine des Lebens aus einfachen chemischen Verbindungen in einem einfachen Glaskolben zusammengekocht werden können.

Damit lieferte er viel beachtete Hinweise auf den möglichen Ursprung des Lebens - und begründete einen neuen Zweig der Wissenschaft.

Das Experiment ist heute in fast jedem Biologie-Lehrbuch nachzulesen
Aus anorganischen Zutaten organische Bausteine
In der brodelnden Ursuppe waren nicht einfach irgendwelche chemischen Verbindungen entstanden. Vielmehr ließen sich Aminosäuren, Säuren und Harnstoff nachweisen - allesamt Schlüsselverbindungen lebendiger Organismen.

Inzwischen bezweifeln Geowissenschaftler zwar, dass die Bedingungen der Urerde jenen im Glaskolben von Stanley Miller glichen. Einige Forscher nehmen stattdessen an, dass organische Verbindungen mit Meteoriten auf die junge Erde gelangten.

Dennoch behalten Millers Experimente ihre Bedeutung, zeigten sie doch, dass aus anorganischen Zutaten die Grundbausteine des Lebens entstehen können.
Das Experiment ...
Bild: Science
Original-Glaskolben
des Miller-Experiments
Das 1953 im Fachblatt "Science" beschriebene Experiment versuchte, in einem einfachen Glaskolben die Verhältnisse auf der unwirtlichen Urerde nachzuahmen, über deren Ozeane Schwaden dichter Vulkangase zogen, während Blitze die Atmosphäre durchzuckten.

Miller konstruierte einen gläsernen Kreislauf, in dem er nichts weiter als Wasser und die Gase Methan, Ammoniak und Wasserstoff zusammenbrachte.

In dem Kolben ließ Miller Wasser kochen, dessen Dampf sich mit dem Gasgemisch vermengte. Ein elektrischer Funkenschlag bildete Blitze nach. Auf der anderen Seite des Aufbaus kondensierte Miller den Dampf und ließ ihn wieder in den Kolben tropfen, wo der Kreislauf von neuem begann.
->   Miller erklärt das Experiment (Videos)
... und seine Folgen
Bild: University of California San Diego
Bereits nach zwei Tagen fand er die Aminosäure Glyzin in seinem Reaktionsgemisch, einen Bestandteil von Proteinen.

Miller wiederholte den Versuch und ließ die künstlichen Blitze eine Woche lang zucken. Dabei überzog sich die Innenwand des Kolbens mit einer öligen Flüssigkeit, das Wasser selbst färbte sich gelblich-braun. Erneut fanden sich Glyzin und weitere Aminosäuren.

Zusammen mit Harold Urey, der 1934 den Nobelpreis für Chemie bekommen hatte, entschied Miller, die Ergebnisse an "Science" zu schicken. Er hatte dem berühmten Wissenschaftler seine Vorschläge für die Ursuppen-Experimente unterbreitet, und Urey unterstützte seinen jungen Kollegen nach anfänglicher Ablehnung.
->   50 Jahre danach: Stanley Millers Ursuppe
...
Mit einem Schlag berühmt
Der Nobelpreisträger wies "Science" persönlich auf die Bedeutung von Millers Arbeit hin und verzichtete auf die Co-Autorenschaft, weil dem jungen Chemiker anderenfalls zu wenig Beachtung zuteil geworden wäre, schrieb Jeffrey Bada von der Universität von Kalifornien in La Jolla in einem Rückblick auf die Geschichte jenes klassischen Experiments. Sein Artikel ist zum 50. Jahrestag des Experiments unter dem Titel "Prebiotic Soup - Revisiting the Miller Experiment" in "Science" (Bd. 300, S. 745-746, Ausgabe vom 2. Mai 2003) erschienen.
->   Der Artikel in "Science"
...
"Ursuppe" ging in die Populärkultur ein
Die Bedeutung des Artikels ging weit über akademische Kreise hinaus. Besonders faszinierend waren dabei die elektrischen Blitze, unter deren Einfluss die biochemischen Substanzen in der Ursuppe entstanden waren.

Die Öffentlichkeit konstruierte daraus eine Verbindung zwischen Strom und Leben, ein Motiv, dass sich auch schon in Mary Shelleys Frankenstein fand. Die "Ursuppe" fand schnell Eingang in Comic-Strips, Filme, Geschichten und Romane.

[science.ORF.at/APA/dpa, 24.5.07]
->   Stanley Miller an der University of California
->   Miller-Urey-Eperiment (Wikipedia)
Mehr dazu in science.ORF.at:
->   Ursprung des Lebens: Doch die DNA? (5.4.04)
->   Lehm: Der Ursprung des Lebens? (24.10.03)
->   Experiment: Wie das Ammoniak in die Ursuppe kam (26.3.03)
->   Kontroverse Theorie zur Entstehung von Leben (4.12.02)
 
 
 
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01.01.2010