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Schweden: Studieren auf Staatskredit  
  Trotz einer bestehenden Akademikerquote von über 18 Prozent ist es der schwedischen Regierung ein zentrales Anliegen, dass künftig 50 Prozent der jungen Menschen nach Beendigung der allgemeinbildenden Schulen einen höheren Bildungsweg einschlagen.  
Schweden ist nicht nur Weltmeister bei den staatlichen Ausgaben für Wissenschaft und Technologie. Auch das schwedische Studienfinanzierungsmodell ist einzigartig - und lässt österreichische Studierende ab Herbst 2001 womöglich vom Land im Norden träumen.
Schweden ist anders
Zumindest bei der Einwohnerzahl liegen Österreich und Schweden mit je acht Millionen gleich auf. In Sachen Wirtschaft sind uns die Nordländer in den letzten Jahren freilich davongezogen - man denke nur an Firmen wie Ericsson, Saab, Volvo, ABB, H&M oder Ikea.

Das wiederum hat einerseits auch damit zu tun, dass die schwedischen Ausgaben für Forschung und Entwicklung (F & E) mit 3,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts doppelt so hoch sind wie in Österreich.
Hohe Akademikerquote
Andererseits ist es wohl auch das fortschrittliche schwedische Studiensystem mit derzeit über 50 Universitäten und 300.000 Studierenden, das seinen Beitrag zur Zukunftsfähigkeit des Landes leistet.

Trotz einer bestehenden Akademikerquote von über 18 Prozent ¿ zum Vergleich: in Österreich sind es rund 7 Prozent ¿ ist es der schwedischen Regierung ein zentrales Anliegen, dass künftig 50 Prozent der jungen Menschen nach Beendigung der allgemeinbildenden Schulen einen höheren Bildungsweg einschlagen. Entsprechend gibt es in Schweden auch keine Studiengebühren.
Die Ausbildung gewährleisten
Die weitere Erhöhung der Akademikerquote soll durch finanzielle Aufbesserungen im Rahmen des Studienfinanzierungssystems verwirklicht werden, das es den Studenten ermöglicht, sich vom Staat Geld zu leihen.

Tatsächlich einigte man sich in Schweden schon früh darauf, dass es Aufgabe des Staates und nicht der Familien ist, die Ausbildung für junge Menschen zu gewährleisten: Bereits seit 1964 stellt die schwedische Kommission für Studentenunterstützung (CSN) sicher, dass Studierende staatliche Beihilfen und zinsfreie Kredite erhalten, um ihr Studium und die damit verbundenen Lebenserhaltungskosten bestreiten zu können.
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Kredit zum Studieren
Mit Jahresbeginn 2001 trat in Schweden ein reformiertes Studienfinanzierungssystem in Kraft, das vorsieht, dass eine Studienbeihilfe von 4000,¿ Schilling pro Monat ausgezahlt wird, die ohne Gegenleistung vergeben wird und mit der österreichischen Familienbeihilfe vergleichbar ist.

Zusätzlich zu dieser Unterstützung ist es bei Nachweis von 75 Prozent bestandener Prüfungen im Semester möglich, einen zinsfreien Kredit von rund 7600,¿ Schilling pro Studienmonat vom Staat zu erhalten, so man das will.
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Jährliche Rückzahlung
Dieser Kredit kann maximal 12 Semester lang in Anspruch genommen werden und muss am Ende des Studiums in Raten wieder zurückgezahlt werden. Für die Absolventen wird nach dem Studium eine jährliche Rückzahlungsrate festgelegt, die vom geliehenen Gesamtbetrag, dem Einkommen und der Inflationsrate abhängig ist, jedoch mindestens vier Prozent des Bruttoeinkommens beträgt. Damit wird nun auch sichergestellt, dass die Schulden in maximal 25 Jahren abgegolten sind.
Die papierlose Universität
¿Das schwedische Studienfinanzierungssystem ist großartig, weil es vielen jungen Menschen unabhängig von ihrer Herkunft ein Studium ermöglicht.

Außerdem ist dieses System die Grundlage unseres wirtschaftlichen Erfolgs vor allem im Bereich der Informationstechnologien¿, meint Christine Ullenius, die Rektorin der Universität Karlstad, euphorisch.
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Einschlägige Studien belegen, dass finanzielle Unterstützung für Studenten in Schweden in unmittelbarem Zusammenhang damit steht, wie viele Personen einen höheren Bildungsweg einschlagen.
So wurde das ursprüngliche Studienfinanzierungssystem mit dem erstmals 1989 reformiertem System verglichen, bei dem die Studienbeihilfe von 5 auf 30 Prozent der gesamten Studienunterstützung erhöht wurde: Während 1970 nur ein Viertel der Studierenden den höheren Bildungsweg aufgrund von staatlicher finanzieller Unterstützung wählte, war es 20 Jahre später die Hälfte.
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Distance learning
Doch nicht nur durch ein fortschrittliches Studienfinanzierungssystem wollen die Schweden ihre Stärken im Bildungs- und Wirtschaftsbereich weiter ausbauen. Auch im Bereich des ¿Distance Learning¿ ist man bereits weiter als anderswo: Fast alle schwedischen Universitäten bieten bereits Fernlehrgänge über das Internet an ¿ so auch an der Universität Karlstad.

Rektorin Christine Ullenius hat freilich längst neue Pläne: ¿Unser Ziel ist es, 2002 kein Papier mehr zu verwenden, sondern alle Informationen über Email und Internet übermitteln zu können.¿

Marcel Weigel - heureka


Marcel Weigl hat an den Universitäten Wien und Karlstad/Schweden Publizistik und Politikwissenschaft studiert. Momentan ist er Projektleiter bei der Werbe-und Sportmarketingagentur AMI Promarketing.
Email: a9240110@unet.univie.ac.at
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Dieser Text erscheint am 16.5. in "Universität im Umbau", der neuesten Ausgabe von "heureka", der Wissenschaftsbeilage des "Falters". Weitere Themen sind u.a.:
Außen vor -- wie viele Karteileichen werden ab Wintersemester aus der Statistik verschwinden?
Außenansichten -- was halten ausländische Professoren, die hier lehren, von Pragmatisierung und Unireform?
Außeninstitute -- warum die Öffentlichkeitsarbeit der österreichischen Unis absolut ungenügend ist. Alle Beiträge finden sich ab 16.5. auch auf der heureka-homepage.
->   Heureka-Homepage
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->   Higher Education in Sweden, Swedish Institute
->   Homepage of the Swedish National Board of Student Aid, CSN
->   University Karlstad
 
 
 
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01.01.2010