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Nach Unfall: Sicherheitssystem für Brücken  
  Nach dem Einsturz einer Brücke in Minneapolis mit neun Toten stellt sich die Frage nach der Sicherheit: Auf der Wiener Reichsbrücke gibt es ein System, das gefährliche Schwingungen misst.  
Immer in Bewegung
Auch wenn es nicht so aussieht: Zumindest ein bisschen ist eine Brücke immer in Bewegung. Autos, Lastwagen, U-Bahnen, Züge, Fußgänger, ja selbst Wind und Wasser an den Pfeilern bringen so ein Bauwerk ständig zum Schwingen.

Das heißt aber auch: ein ständiges Zerren und Pressen an Stahl- und Betonteilen der Brücke.
Web-Interface liefert rund um die Uhr Ergebnisse
Das Forschungszentrum arsenal research hat schon vor einigen Jahren an der Wiener Reichsbrücke ein Forschungsprojekt zur computerunterstützten Überwachung dieser Schwingungen eingerichtet.

Der Projektleiter Stefan Deix erläuterte im ORF-Mittagsjournal: "Wir haben auf der Reichsbrücke sehr viele verschiedene Sensoren eingebaut: hauptsächlich drei axiale Schwingsensoren, ergänzt durch sogenannte Dehnmessstreifen und Temperatursensoren. Das System ist mit neuesten Technologien ausgestattet, mit einer visuellen Kontrolle, und so können alle Ergebnisse jederzeit mit Hilfe eines Web-Interface abgefragt werden, 24 Stunden am Tag."
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Mindestens neun Tote
In Minneapolis im US-Bundesstaat Minnesota ist am Mittwochabend (Ortszeit) eine der Hauptbrücken über den Mississippi eingestürzt. Nach US-Medienberichten fielen bis zu 100 Fahrzeuge ins Wasser oder wurden am Flussufer unter Trümmern begraben. Mindestens neun Menschen kamen bei dem Unglück ums Leben, rund 60 wurden verletzt.
->   Minneapolis: Achtspurige Brücke eingestürzt (ORF.at)
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U-Bahn erzeugt die meisten Schwingungen
Die Daten werden sowohl an die Rechner bei arsenal research als auch an die zuständige Magistratsabteilung in Wien übermittelt.

Die stärksten Schwingungen gibt es an der Reichsbrücke, wenn eine U-Bahn-Garnitur drüberfährt - etwa zehnmal so stark wie bei dem an der Reichsbrücke durchaus regen Autoverkehr.

Um ein Vielfaches stärker als beim Autoverkehr schwingt die Reichsbrücke übrigens auch, wenn die Teilnehmer des Wien-Marathons sie überqueren.
Eigenfrequenzen ändern sich
Aus den so gewonnenen Messergebnissen können die Forscher auf den Zustand der Brücke schließen.

Der zuständige Forschungsleiter von arsenal research, Rainer Flesch: "Wenn ein Tragwerk Schäden hat, dann ändern sich seine Eigenfrequenzen. Wir suchen aus diesen Antwortschwingungen die Eigenfrequenzen und analysieren sie. Wenn sie sich ändern, dann ist das ein Zeichen dafür, dass sich etwas tut."
Jede Brücke individuell
Auf andere Brücken übertragen lässt sich das Monitoring-System von der Reichsbrücke nur nach entsprechenden Anpassungen, erläutert Flesch.

Denn: "Man muss jede Brücke individuell betrachten. Es gibt keine Blackbox, die man hinsteckt. Man muss das Schwingungsverhalten der Brücke kennen, den Typ, welche Schäden bei dem Tragwerk auftreten können. Und daraus kann man maßgeschneidert etwas entwickeln."
Bisher nur auf der Reichsbrücke
Aus den einmal gewonnen Daten kann dann aber auch die künftige Belastbarkeit einer Brücke ermittelt werden, so Flesch:

"Speziell für bestehende ältere Tragwerke ist das interessant, denn man kann so nach den neuesten Normen überprüfen, ob z. B. die Erdbebensicherheit gegeben ist."

Fix installiert ist das Brückenmonitoring-System von arsenal research derzeit erst in der Reichsbrücke. In etwa einem Jahr, so hofft Flesch, sollte das Monitoring-System dann überall einsetzbar sein.

Franz Simbürger, Ö1 Wissenschaft, 2.8.07
[science.ORF.at]
->   Brückenmonitoring, arsenal research
->   Rainer Flesch
Mehr zu dem Thema:
->   Brückeneinsturz: Rätseln über Ursache (oe1.ORF.at)
->   Wien-Marathon keine Gefahr für Reichsbrücke
 
 
 
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01.01.2010