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Kapuzinergruft-Särge leiden, aber nicht an Zinnpest  
  Die Zinnsärge in der Wiener Kapuzinergruft leiden unter zunehmender Korrosion: Laut einer neuen Studie ist daran aber nicht die gefürchtete Zinnpest schuld, sondern die hohe Luftfeuchtigkeit.  
Zum Ausgleich wurde im Jahr 2003 eine Klimaanlage installiert. "Nun ist abzuwarten, ob sich über einen längeren Zeitraum eine Besserung einstellt", meint die Chemikerin Susanne Strobl vom Institut für Chemische Technologien und Analytik der TU Wien.

Sie hat mit Kollegen zwei in Mitleidenschaft gezogene Särge im wahrsten Sinn des Wortes unter die Lupe genommen.
Zinnpest führt zu Beulen
 
Bild: TU Wien

Untersuchte Särge in der Kapuzinergruft

Die sogenannte Zinnpest ist ein gefürchtetes Phänomen, das praktisch alle Gegenstände aus Zinn und Zinnlegierungen befallen und zerstören kann. Dabei wandelt sich das bekannte, metallische Zinn in eine andere Form um, dabei wird das Material grau und bröselig.

Zinnpest tritt ausschließlich bei Temperaturen unter rund 13 Grad auf. Durch eine Volumenänderung bei der Umwandlung entstehen anfangs Flecken und Beulen an der Oberfläche, daher rührt auch der Name.
Nicht nur Zinn, sondern auch Blei und Kupfer
Bild: TU Wien
Angegriffener Zinnteil
Für die Analysen der Wiener Chemiker wurden zwei Sarkophagen Proben entnommen, in Kunststoff eingebettet, danach geschliffen und poliert.

Unter dem Mikroskop wird dann das Gefüge der Legierung sichtbar, die Forscher können sogar einzelne Korngrenzen ausmachen.

Weitere Untersuchungen wurden mit Elektronenmikroskop und Röntgenanalyse durchgeführt. Es zeigte sich, dass das Material der Särge neben Zinn als Hauptbestandteil auch bleihältige, weichere Phasen und harte, intermetallische Gefügebestandteile enthält.
Korrosion an den Korngrenzen
 
Bild: TU Wien

Vor allem entlang der Korngrenzen der bleireichen Phasen kommt es laut den Wissenschaftlern zu gehäufter Korrosion, der sogenannten intergranularen Korrosion (siehe Bild oben).

"Die Zerstörung schreitet zunächst entlang der Korngrenzen voran und geht dann in den Werkstoff hinein, schließlich entstehen kompakte, dicke wegkorrodierte Schichten", erklärte Susanne Strobl.
Luftfeuchtigkeit und kleinste Teilchen
Von Zinnpest war indes in den Proben nichts zu finden. Als Hauptursache für die fortschreitende Korrosion an den beiden Särgen nennt die Chemikerin die hohe Luftfeuchtigkeit in der Gruft.

Besonders im Winter eingeführte kleinste Partikel in der Luft - Stichwort: Salz gegen Schnee und Eis - könnten ebenfalls für die intergranularen Korrosion verantwortlich sein, erklärte sie gegenüber science.ORF.at.

[science.ORF.at/APA, 13.8.07]
->   Institut für Chemische Technologien und Analytik, TU Wien
->   Zinnpest (Wikipedia)
->   Kapuzinergruft
 
 
 
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01.01.2010