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Intelligente Technik soll Altenbetreuung vereinfachen  
  Da die Menschen in unseren Breitengraden immer länger leben, wird die Altersbetreuung vor neue Aufgaben gestellt. Ein Hilfsmittel besteht in der Entwicklung neuer Werkzeuge, die älteren Menschen und ihren Angehörigen das Leben erleichtern. "Intelligente Systeme" könnten in Zukunft zugleich der Gesundheitsvorsorge und als persönliche Altenbetreuer dienen.  
Bei den Technologiegesprächen des Forums Alpbach wurden vor kurzem einige Systeme vorgestellt. Ob sie die persönliche Betreuung ersetzen können, blieb umstritten.
Lifestyle-Trends als Vorbild
Ein zentraler Wunsch im Alter ist die möglichst lange Selbstständigkeit. Helfen können dabei Technologien, die den Menschen bei seinen alltäglichen Aufgaben unterstützen und Betreuungsaufwand sowie -kosten reduzieren.

Vorbilder dafür gibt es im Sportbereich: etwa der Lauftrainer von Nike und Apple iPod, bei dem sich die Musik automatisch an die Laufgeschwindigkeit anpasst und Daten wie Puls und Wegstrecke gespeichert werden.

Oder eine Jogginghose, die der Sportartikelhersteller "Falke" im nächsten Jahr vorstellen will. Sie misst mit Hilfe eingebauter Sensoren die Muskelaktivität und gibt damit Aufschluss über effizientes und richtiges Training.
Von der Vision ...
In naher Zukunft könnten Sensoren und Minicomputer auch auf normalen Kleidungsstücken Bewegungsabläufe messen und bewerten, erklärte Paul Lukowicz, Vorstand des Instituts für Technische Informatik und Kommunikationstechnologie an der UMIT Innsbruck, in Alpbach.

In Hörgeräte integrierte Chips könnten am Essgeräusch erkennen, was und wie viel gegessen wird, und so die Rolle des Ernährungsberaters übernehmen. Übermäßiger Stress ließe sich anhand von Sprachanalysen (z.B. übers Handy) erkennen und bewusst vermeiden, meinte Lukowicz.

Jedoch: "So gesund wir auch leben, alt und hilfsbedürftig werden wir fast alle!". Aber auch dafür hat Lukowicz Lösungsvorschläge.
... zum "Assisted Living"
Eine "Instrumentierung" des Alltags könnte ihm zufolge eine verhältnismäßig günstige Alternative zur Einweisung in ein Pflegeheim sein, und älteren Menschen die Möglichkeit bieten, länger selbstständig zu bleiben.

Wichtige Aspekte in diesem "assistierten Leben" sind laut Lukowicz die Unterstützung bei Alltagsaufgaben, die frühzeitige Gefahrenerkennung und die Förderung sozialer Kontakte.

Ein unerlässliches Mittel sei dabei die automatisierte Lokalisierung und Beobachtung der zu betreuenden Person.
"Intelligenter Teppich" warnt bei Unfällen
Die Firma "Ubisense" bietet für diese Aufgabe ein System, das durch Sensoren in den Zimmerecken 3-D-Bilder von Personen und Objekten erzeugen und dem Betreuer (Verwandter, Nachbar) übermitteln kann. Bei einem Preis von 15.000 Euro ist dieses System aber nur bedingt alltagstauglich.

Für den Hausgebrauch gibt es aber günstigere Alternativen: Ein "intelligenter Teppich" erkennt durch integrierte Sensoren, wo sich jemand befindet. Wenn eine Person hinfällt oder auf dem Teppich liegt, kann eine Warnung an Angehörige oder die Rettung geschickt werden. Mit 20 Euro pro Quadratmeter ist dieser Teppich auch nicht allzu teuer.
Sicherheitsbedürfnis überwiegt Überwachungsangst
Andere Möglichkeiten zur Beaufsichtigung älterer Menschen sind die Verarbeitungen von Raumgeräuschen oder die Videolokalisierung mittels Kamera an der Zimmerdecke. Damit das System nicht zum "Big Brother" mutiert, kann ein Computer das Bild analysieren und erst bei abnormen Verhaltensmustern Alarm schlagen.

Obwohl es sich um eine Form der Überwachung handelt, würden die meisten älteren Leute eher die positiven Aspekte sehen (z.B. schnelle Hilfe bei Notfällen) als den Eingriff in die Privatsphäre, sagte Lukowicz.

So könnten sie länger in ihrer gewohnten Umgebung leben, wobei die anfallenden Kosten für ein solches System weit geringer wären als ein Pflegeheim. Den finanziellen Aufwand schätzte Lukowicz auf rund 2.000 Euro.
Kritiker äußern Bedenken
Dass Technik alleine gesellschaftliche Veränderungen aber nicht bewältigen kann, war einer der Hauptkritikpunkte in Albach. Das blinde Vertrauen in neue Technologien könne zu einer Reduktion des persönlichen Kontakts führen und der Vereinsamung der Alten enden.

Dem hielt Lukowicz entgegen, dass durch das Wegfallen der reinen Betreuungsarbeit mehr Zeit und Geld für die soziale Komponente zur Verfügung stehe.
Licht soll für mehr Kommunikation sorgen
Ein Pilotprojekt läuft zurzeit im Wiener Altenheim St. Katharina, wo ein computergesteuertes Beleuchtungssystem die natürlichen Gegebenheiten des Tageslichts (Helligkeit und Lichtfarbe) simuliert.

Das soll den biologischen Tages- und Nachtrhythmus der Bewohner unterstützen und einen aktiven Tag bzw. eine entspannte Nachtruhe garantieren. Zugleich sollen die Bewohner zu einem vermehrten Aufenthalt in den Gemeinschaftsräumen angeregt werden.

Stefan Meller, 4.9.07
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Stefan Meller ist Student des Fachhochschul-Studiengangs für Informationsberufe in Eisenstadt und war ORF-Stipendiat der Technologiegespräche beim Forum Alpbach 2007.
->   Fachhochschulstudiengänge Burgenland
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->   Paul Lukowicz, Umit
->   Projekt in Wiener Pflegeheim (pdf-Datei)
->   "Intelligenter Teppich"
->   Ubisense
Mehr zu den Technologiegesprächen des Forums Alpbach 2007:
->   Bionik: "Luftbrücke", die sich selbst repariert (31.8.07)
->   Wie man unbekannte Risiken einschätzt (27.8.07)
->   Pervasive Computing: First Life statt Second Life (24.8.07)
 
 
 
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01.01.2010