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Buch über digitale "Eingeborene und Immigranten"  
  Eine Spaltung zwischen den Generationen durch unterschiedliches technologisches Know-how attestiert der Kommunikationswissenschaftler Johann Günther unserer Gesellschaft. In seinem neuen Buch unterscheidet er digitale "Eingeborene, Immigranten und Heimatlose". Überraschend: Gerade diejenigen, die derzeit beruflich und privat am aktivsten sind, können am wenigsten mit der technischen Entwicklung mithalten.  
Bild: Studienverlag
Das Buch im
Studienverlag
In dem Buch "Digital Natives und Digital Immigrants" zeigt Günther, der frühere Geschäftsführer der FH St. Pölten, Unterschiede zwischen Jung und Alt im Umgang mit Technologien auf.

Demnach leben wir längst im "Digital Divide", wie der Autor auf Radio Österreich 1 sagte. Die Gesellschaft sei gespalten zwischen denen, die unbekümmert und bereits von klein auf mit digitalen Kommunikationsformen leben und jenen, die sich den Zugang zu solchen Technologieformen erst erarbeiten müssen. Dadurch ergebe sich ein reduzierter Zugang zu Informationen für bestimmte Gruppen.
Internet mit und ohne Bedienungsanleitung
Die junge Generation stellt für Günther die "Digital Natives" dar. Das Internet ist ein alltägliches Werkzeug für sie. Neue Systeme werden einfach im Versuch- und Irrtum-Verfahren ausprobiert. Natives gehen hierbei selektiver und flexibler vor.

"Digital Immigrants" sind hingegen aus einer Zeit ohne Internet immigriert. Sie haben einen anderen Zugang, gehen weniger spielerisch mit neuer Technologie um und haben daher oft mehr Aufwand, sich die richtige Nutzung von Technologien anzueignen.

Wer also erst lange und genau eine Bedienungsanleitung studiert und sein Mailprogramm nicht ständig im Hintergrund laufen hat, gehört, laut Günther, der Gruppe der "Immigrants" an.
Schnelleres und unkritischeres Lesen in junger Generation
Überhaupt sind es Leseverhalten und Umgang mit Informationen, in denen sich die beiden Gruppen markant unterscheiden. In sogenannten Usability-Studien an der Donauuniversität Krems und der FH St. Pölten, bei denen Versuchsteilnehmer zwischen 12 und 65 genau im Umgang mit Technologien beobachtet und ihre Bearbeitungsabläufe gemessen wurden, kommt Günther zu interessanten Ergebnissen.

Natives lesen schneller, partieller und zielorientierter. Fachbücher werden nur noch nach spezifischen Informationen abgesucht, e-Mails mit mehr als drei Seiten gar nicht mehr studiert. Damit passen sich jüngere Menschen auch an die stetig wachsende Informationsflut aus dem Internet an.

Problematisch daran ist jedoch der gleichzeitig unkritischere Umgang mit Quellen aus dem Internet. Hierbei seien die erfahrenen Immigrants den Natives durchaus voraus, da sie Informationen zwar langsamer aufnehmen, aber auch stärker hinterfragen.
Aufholende Senioren ...
Chattende Senioren und Online-Bridge im Pensionistenheim: Durchaus keine absurde Vorstellung, denn laut Johann Günther holen die "Digital Immigrants" jenseits der 60 rapide auf, was das technologische Rüstwerk anbelangt. Seniorinnen und Senioren hätten heutzutage mehr Zeit und blieben länger aktiv als noch in den letzten Jahrzehnten.


Das Internet bietet hier attraktive Möglichkeiten gegen Einsamkeit und weiteren Kontakt mit der Außenwelt.
... und "Heimatlose"
Wirklich problematisch ist Digital Divide für die 35- bis 45jährigen, die "Digital Homeless". Sie seien die Gruppe, die am ehesten den Anschluss zu neuen Technologien verliert. Am stärksten eingebunden in Beruf und Privatleben, oft mit verantwortungsvollen Posten, haben sie am wenigsten Zeit und Energie, sich mit der Handhabung neuer Technologien auseinanderzusetzen.

Das überraschende Fazit lautet daher, dass gerade diejenigen, die derzeit beruflich am aktivsten sind, am wenigsten mit der notwendigen technischen Entwicklung mithalten können.

Eine Studie von Günther mit Wiener Lehrerinnen und Lehrern zeigt beispielsweise, dass alte Lehrkräfte genau so gut mit Computern arbeiten wie junge. Lehrende mittleren Alters hingegen stellten sich als am wenigsten erfahren heraus.
Zusammenarbeit gefragt
"Es ist sehr leicht, heute Technologien einzuführen", meint Kommunikationswissenschafter Günther gegenüber science.ORF.at und sieht dies als globales Phänomen.

Für die Arbeitswelt ist jedoch nicht alles verloren, denn aus "Immigrants" können sehr wohl ebenso erfahrene IT-Benutzer werden wie die "Natives".

Außerdem - so Günther - bestehe eine Chance darin, erfolgreiche Teams aus Natives und Immigrants zu bilden, die sich durch ihre verschiedenen Zugangsweisen (Know-how versus Erfahrung) perfekt ergänzen.

Tobias J. Körtner, Ö1 Wissenschaft, 13.9.07
->   Das Buch "Digital Natives und Digital Immigrants" (Studienverlag)
->   Johann Günther
->   Digitale Kluft (Wikipedia)
 
 
 
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01.01.2010