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Burma: Satellitenbilder beweisen militärische Gewalt  
  Wie weist man Menschenrechtsverletzungen in einem totalitären Regime nach, das kritische Berichterstattung und Untersuchungen vor Ort weitgehend verhindert? US-Forscher zeigen nun am Beispiel Burma, dass das mittels Satellitenbildern möglich ist.  
Die Zerstörung von Dörfern, Spuren von Militäraktionen und die Vergrößerung von Flüchtlingslagern seien auf Satellitenbildern gut sichtbar, berichtet die American Association for the Advancement of Science (AAAS). Somit ließen sich Augenzeugenberichte auch außerhalb des Landes bestätigen.
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Die AAAS wird dazu am 3. Oktober 2007 einen 42-seitigen Bericht mit dem Titel "High-Resolution Satellite Imagery and the Conflict in Eastern Burma" veröffentlichen.
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Neun Tote bei Protesten
Bei den jüngsten Protesten gegen das Militärregime in Burma sind bislang mindestens neun Menschen ums Leben geklommen, darunter ein japanischer Pressefotograf. Der britische Sender BBC vermutet unter Berufung auf Diplomaten, dass die Zahl der Toten jedoch weitaus höher ist. Erst kürzlich stürmte das Militär erneut buddhistische Klöster, verschleppte hunderte Mönche und brachte sie in eigens errichtete Internierungslager, berichtete der Exil-Sender "Democratic Voice of Burma". Die Lage sei gespannt, die Menschen verunsichert.
Militärische Gewalt an der Tagesordnung
Humanitäre Organisationen beobachten den am Indischen Ozean gelegenen Vielvölkerstaat nicht erst seit den jüngsten Eskalationen.

In dem seit den 60er-Jahren von verschiedenen Militärregimes regierten Land sind Menschenrechtsverletzungen an der Tagesordnung, die Nationale Liga für Demokratie wird seit Jahren systematisch brutal unterdrückt, deren Vorsitzende, die Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi, sitzt seit fast einem Dutzend Jahren im Gefängnis. Sie ist weltweit die einzige Nobelpreisträgerin hinter Gittern.

Die US-Senatorin Dianne Feinstein beurteilte die Lage in Burma nach einer fact finding mission vor einigen Monaten folgendermaßen: "Ein Land, in dem 3.000 Dörfer zerstört wurden, 1.300 politische Gefangene im Gefängnis sitzen, 70.000 Kindersoldaten gewaltsam rekrutiert und mehr als 500.000 Menschen zum Umzug gezwungen wurden."

Nach Aussagen von Diplomaten vergewaltigen Angehörige des Burmesischen Militärs regelmäßig Frauen und Mädchen, speziell jene, die zu den Shan, Karen, Karenni und anderen ethnischen Minderheiten gehören.
Erfahrungen aus Darfur und Simbabwe
Hinweise und Augenzeugenberichte gibt es zwar, dennoch lassen sich Menschrechtsverletzungen nicht einfach nachweisen - zumal dann, wenn etwa westlichen Journalisten die Einreise verweigert wird, wie das gegenwärtig der Fall ist. Eine Möglichkeit, den internationalen Druck auf die regierende Junta zu erhöhen, ist die Verwendung von Satellitenbildern, die militärische Aktionen und Verbrechen an der Bevölkerung nachweisen.

Wissenschaftler des Science and Human Rights Program der AAAS haben diese Strategie bereits in den Krisengebieten Darfur und Simbabwe angewendet - und nun auch in Burma. Zu diesem Zweck verglichen sie ältere Satellitenbilder mit aktuellen Aufnahmen.

Lars Bromley, der an der Studie federführend beteiligt war, beschreibt die Lage folgendermaßen: Zur Praxis des Burmesischen Militärs gehöre etwa, dass es ethnische Minderheiten aus ihren Dörfern vertreibt. Jene, die trotz der Bedrohung Reis oder andere Pflanzen anbauen, würden mit Minenwerfern zur Räson gebracht.
Hürden bei der Suche nach Beweisen
Der Nachweis solcher Aktionen sei gerade in Burma nicht immer einfach, so Bromley: "Physische Belege von Übergriffen an Zivilisten können relativ subtil sein im Vergleich zu den Mord-und-Brand-Zerstörungen, die wir in Darfur und Simbabwe gesehen haben."

Auch das Ökosystem mache den Bemühungen der Forscher mitunter einen Strich durch die Rechnung, weil Pflanzen schnell zerstörte Regionen überwachsen. Und dann gebe es noch ein Problem, das sich auch mit bester Technik nicht lösen lässt: "Manchmal verdecken auch einfach Wolken die Sicht", so Bromley.
Beispiele: Wachsendes Militärlager ...
 
Bilder: GeoEye, Inc (Nasdaq:GEOY)/DigitalGlobe.

Dennoch: Bei einem relativ hohen Prozentsatz von Menschenrechtsverletzungen, auf die die Forscher durch Augenzeugenberichte aufmerksam geworden waren, gelang der Nachweis. 31 Fälle hatten Bromley und seine Kollegen seit dem Jahr 2006 für eine genauere Analyse ausgewählt, bei 25 davon fanden sich auf den Satellitenbildern sichtbare Veränderungen.

So etwa auf obigen Bildern: Links ein Militärlager am 11. November 2000, rechts das selbe Lager am 13. Dezember 2006, nun von einem Bambuszaun umgeben. Zwei Organisationen, die Karen Human Rights Group und die Free Burma Rangers, hatten zuvor auf eine Vergrößerung des Militärcamps hingewiesen.
... und zerstörtes Dorf
 
Bilder: GeoEye, Inc (Nasdaq:GEOY)/DigitalGlobe.

Ein anderes Beispiel: Die Free Burma Rangers berichteten im Dezember 2006 von Angriffen des Militärs auf Zivilisten in der Nähe des Dorfes Kewy Kee. Obige Satellitenbilder von einer kleinen Ortschaft in dieser Region decken sich mit dieser Darstellung. Das linke Bild datiert vom 5. Mai 2005, das rechte vom 23. Februar 2006. Deutlich zu sehen ist die Zerstörung und teilweise Entfernung diverser Hütten und anderer Strukturen.
Aufruf zur Beteiligung
"In 18 der von uns untersuchten Regionen fanden wir zerstörte oder beschädigte Dörfer", sagt Bromley: "Wir fanden auch Beweise für die Ausdehnung von Militärcamps, die Umsiedelung ganzer Dörfer und dokumentierten die stete Vergrößerung eines Flüchtlingslagers an der thailändischen Grenze. All diese Funde befinden sich im Einklang mit Berichten von Menschenrechtsorganisationen."

Die US-Forscher wollen ihre Untersuchungen in Hinkunft auf weitere Regionen ausdehnen und rufen andere Organisationen dazu auf, sich an dem Projekt zu beteiligen.

[science.ORF.at, 28.9.07]
->   AAAS Science and Human Rights Program
->   AAAS Darfur-Studie
->   AAAS Simbabwe-Studie
->   Karen Human Rights Group
->   Free Burma Rangers
 
 
 
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01.01.2010