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Schimpansen kennen kein "Fair Play"  
  Schimpansen unterbreiten ihren Artkollegen kein faires Angebot, um durch dessen Akzeptanz selbst zu einem persönlichen Nutzen zu gelangen. Während Menschen sehr genau kalkulieren, welches Angebot das Gegenüber als angemessen annehmen würde, ist das den Affen anscheinend egal: Fairness spielt weder für den Anbieter noch den "Partner" eine Rolle.  
Grundsätzlich seien die Schimpansen aber dazu imstande, Fairness von ihrer abstrakten Idee her zu verstehen und auch das Verhalten des Gegenübers abzuschätzen, so die Forscher vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig. Die Tiere würden sich verhalten wie in klassischen ökonomischen Theorien vorhergesagt: Der momentane Nutzen siegt über jedes strategische oder moralische Kalkül.
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Die Studie "Chimpanzees Are Rational Maximizers in an Ultimate Game" von Keith Jensen, Joseph Call und Michael Tomasello ist am 5. Oktober 2007 in "Science" erschienen (Band 318, S. 107-109, DOI:10.1126/science.1145850).
->   Science
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Rosinen durch Kooperation erreichbar
 
Bild: Katrin Riedl

Die Wissenschaftler konstruierten eine Versuchsanordnung, in der je zwei Schimpansen zusammenarbeiten mussten, um insgesamt zehn Rosinen zu erhalten. Nur wenn erst das eine und danach das andere Tier an einem Seil zog, gelangte je ein Futterschälchen in ihre Reichweite.

Die Rosinen waren in den einzelnen Versuchen unterschiedlich verteilt: Im zu ergatternden Schälchen des einen Affen lagen zwei, fünf, acht oder gar keine Rosinen, in dem des anderen entsprechend acht, fünf, zwei oder zehn. Schimpansen können zwar nicht zählen, man weiß aber aufgrund früherer Versuche, dass sie in der Lage sind, Mengenunterschiede einzuschätzen.
Nur bei keiner Traube Zusammenarbeit verweigert
Dabei arbeiteten die Tiere in fast allen Fällen zusammen - selbst dann, wenn die Rosinen sehr unfair verteilt waren. Lediglich bei keiner einzigen Traube im Schälchen verweigerte der betroffene Affe die Mitarbeit und ließ damit auch seinen Gefährten leer ausgehen.

Der Versuch stellte eine abgewandelte Form des sogenannten Ultimatum-Spiels dar, einem der anerkanntesten Werkzeuge der Wirtschaftswissenschaften. Mit Hilfe des Spiels prüfen Forscher, ob sich Menschen gemäß ökonomischer Modelle verhalten.
Das Ultimatum-Spiel
 
Bild: Jensen/Call/Tomasello

Akteur 1 (links) zieht die Lade mit den Rosinen-Schälchen mittels eines Seils so nah heran, wie es geht (Teilbild1). Akteur 2 (rechts) kann das Angebot annehmen, in dem er ebenfalls am Seil zieht und die Lade dadurch noch näher heranzieht, oder ablehnen, indem er nichts tut (Teilbild 2). Wenn Akteur 2 das Angebot annimmt, können beide die Rosinen, die sich in ihrem jeweiligen Schälchen befinden, verspeisen. Im anderen Fall gehen beide leer aus.
Affen als "eigennützige Ökonomen"
Die Affen verhielten sich wie "eigennützige Ökonomen": Die Empfänger nahmen jeden auch noch so kleinen Betrag an - ein bisschen Gewinn ist schließlich besser als keiner. Sie verhielten sich wie in traditionellen Wirtschaftsmodellen dargelegt.

Versuche haben gezeigt, dass der Gerechtigkeitssinn des Menschen stärker ausgeprägt ist: Liegen die Angebote unter 40 bis 50 Prozent der Gesamtsumme, verzichtet der Empfänger in den meisten Fällen - und straft damit seinen Mitspieler für dessen unfaires Verhalten.
Menschlich: Unfaires Verhalten bestrafen
Für Schimpansen seien Fairness und Gerechtigkeit dagegen nicht so wichtig, so lange es überhaupt etwas zu gewinnen gebe, schreiben die Forscher. Das Gespür für unfaire Angebote und die Bereitschaft, Kosten in Kauf zu nehmen, um ein solches Ansinnen abzustrafen, sei vermutlich ausschließlich dem Menschen eigen.

[science.ORF.at/APA/dpa, 5.10.07]
->   Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie
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01.01.2010