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Medizintests: Schule schuld an Frauenleistung?  
  Die unterschiedliche Benotung von Mädchen und Buben in den Schulen könnte die Ursache für das vergleichsweise schlechte Abschneiden von Frauen bei den Aufnahmetests für das Medizinstudium in Österreich sein.  
Eine entsprechende Untersuchung wurde von Wissenschaftsminister Johannes Hahn (ÖVP) in Auftrag gegebenen.

Erste, aber noch keineswegs endgültige Ergebnisse der Studie unter der Leitung von der Bildungspsychologin Christiane Spiel (Universität Wien) wurden am Dienstag in Wien präsentiert.
Siginfikante Geschlechter-Unterschiede
Bei den seit zwei Jahren durchgeführten Aufnahmetests zum Medizinstudium haben unter den österreichischen Bewerbern Frauen durchwegs schlechter abgeschnitten als Männer.

Bei den Tests im vergangenen Herbst wurden an den Medizin-Unis Wien und Innsbruck der in der Schweiz entwickelte Eignungstest EMS eingesetzt, hier lag der Geschlechterunterschied bezüglich Angetretenen und Zugelassenen zwischen Männern und Frauen bei 13 Prozent.

An der Medizin-Uni Graz wurde ein eigener Test entwickelt, der laut Spiel eher das Schulwissen abfragt, hier wurde ein Unterschied von rund neun Prozent ermittelt.
Bei Deutschen anders
Auffallend war und ist, dass dieses Phänomen in erster Linie ein österreichisches ist. Bei den deutschen Studienbewerbern ist der geschlechtsspezifische Unterschied deutlich geringer zu verbuchen. Deutsche schnitten dabei aber generell besser ab als Österreicher.
Medizin-Unis: Testergebnisse Frauen-Männer
 
Grafik : APA, Quelle: APA, Medizinuni Wien

Noch keine endgültigen Antworten
Spiel ist mit der Studie angetreten, den Differenzen bei den Testergebnissen auf den Grund zu gehen. Sie betonte aber, dass die Auswertungen noch nicht gänzlich abgeschlossen und daher die Aussagen mit Vorsicht zu betrachten seien.

Die Psychologin beklagte aber auch die dürftige Datenlagen, so seien ihrem Team von den Schweizer Test-Entwicklern nur die nackten Ergebnisse - ohne die jeweils dazugehörigen Fragen - zur Verfügung gestellt worden.

Nach den Tests im vergangenen Herbst wurden weitere Analysen über die mehr oder weniger erfolgreichen Studienbewerber von den Wissenschaftern mittels Fragebogen erhoben.
Schule: Bravsein fließt in die Noten ein
Als Ursache für die Unterschiede Männer und Frauen ortet Spiel nach derzeitigem Stand des Wissens Unterschiede in der Benotung in der Schule. "Während Burschen von den in erster Linie für ihre Leistungen benotet werden, spielt bei Mädchen eine breitere Palette an Rückmeldungen mit", sagte die Wissenschaftlerin.

Als Beispiel nannte Spiel etwa "Wohlverhalten in der Schule". Mit anderen Worten: Beispielsweise "brav sein" bringt bessere Noten.
Haben Buben mehr "reines Wissen"?
Das wiederum führe zu einer "kontinuierlichen Sozialisation", Mädchen werden durch die Belohnung über die Noten verstärkt darauf getrimmt, solche Verhaltensweisen an den Tag zu legen. Laut Hahn führt das "zu einer Verfälschung der Wertigkeit".

Das Ergebnis ist, dass Burschen bei gleichen Noten ein mehr an reinem Wissen aufweisen und dann bei Tests entsprechend punkten können.
Mehr Simulationen vor der Prüfung
Johannes Hahn verteidigte generell die Aufnahmetests für das Medizin-Studium. Seit Einführung dieser Prüfungen sei die Drop-out-Rate von rund 50 Prozent auf derzeit deutlich unter 20 Prozent gefallen. Aufgrund der festgestellten und von Christiane Spiel analysierten Unterschiede bei Männern und Frauen sowie Deutschen und Österreichern sieht der Wissenschaftsminister Handlungsbedarf.

So sollen in Zusammenarbeit zwischen Unis und Schulen Testsimulationen organisiert werden, bei denen Interessierte die Prüfungen schon einmal durchspielen können. Auch Informationsveranstaltungen und Literatur-Listen bessere Vorbereitungen der angehenden Studenten auf die Tests ermöglichen.
Während des Studiums dreht sich Geschlechterverhältnis um
Gute Vorbereitung sollte Frauen insofern mehr nutzen, als Spiel bei weiteren Analysen festgestellt hat, dass Prüfungs- und Studienerfahrung den Unterschied zwischen Männern und Frauen nivellieren.

Die Forscher wissen, dass Frauen zu Beginn des Studiums durchschnittlich einen schlechteren Prüfungserfolg aufzuweisen haben als ihre männlichen Kollegen.

Im Laufe der Semester gleicht sich das jedoch aus. Zum Ende kehrt sich die Sache sogar um, Frauen haben mehr Absolventen aufzuweisen als Männer.

[science.ORF.at/APA, 18.12.07]
->   Wissenschaftsministerium
->   Christiane Spiel
Mehr zu dem Thema in science.ORF.at:
->   Medizin-Aufnahmetest: Quotenregelung "rettet" Österreicher (1.8.06)
->   Alternativen zum Medizin-Eignungstest (2.8.06)
 
 
 
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01.01.2010