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ORF ON Science :  News :  Umwelt und Klima 
 
Studie: Daten für Rückgang der Regenwälder "unklar"  
  Der britische Geograf Alan Grainger behauptet, dass der Rückgang der Regenwälder bei weitem nicht so sicher ist wie gemeinhin angenommen. Die Datenlage sei großteils "unklar", meint der Forscher, der mit seiner Studie für Unruhe unter Umweltschützern sorgt.  
Die Welternährungsorganisation (FAO), die mit ihren regelmäßigen Forest Resources Assessments (FRA) den Rückgang dokumentiert, gibt sich gegenüber der BBC zerknirscht: Man wisse, dass es Probleme mit dem Datenmaterial gebe und es oft lückenhaft bzw. wenig verlässlich sei.

Gleichzeitig betont eine Mitarbeiterin der FAO, dass man sich absolut sicher sei, dass die Regenwälder tatsächlich weniger werden.
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Die Studie "Difficulties in tracking the long-term global trend in tropical forest area" ist in den "Proceedings of the National Academy of Sciences" (PNAS) erschienen (9.1.08; doi:10.1073_pnas.0703015105).
->   Abstract der Studie
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Teufelskreis Waldzerstörung und Klimawandel
Die Bedeutung der Regenwälder für das Weltklima war erst kürzlich bei der Weltklimakonferenz in Bali im Dezember 2007 ein großes Thema.

Eine Studie der Umweltschutzorganisation World Wide Fund for Nature (WWF) wurde präsentiert, laut der sich Waldzerstörung und Klimawandel beschleunigen und einen gefährlichen Teufelskreis verursachen.

Wenn nichts getan werde, könne einer der wichtigsten Stabilisatoren des Weltklimas bis 2030 zu 55 Prozent zerstört sein, warnte der WWF-Bericht.
Skepsis des Wissenschaftlers
Der Geograf Alan Grainger von der Universität Leeds steht solchen Berechnungen skeptisch gegenüber. Zwar wolle er mit seiner Studie nicht argumentieren, dass die von Regenwäldern bedeckten Flächen nicht zurückgehen. Die Datenlage sei aber bei weitem nicht so klar sei wie bisher angenommen, so Grainger.
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FAO-Berichte analysiert
Für seine Studie analysierte Grainger die letzten vier Berichte der Welternährungsorganisation, die 1980, 1990, 2000 und 2005 veröffentlicht wurden. Diese Reports seien deshalb so wichtig, weil die meisten Analysen, die zum Verschwinden der Regenwälder erscheinen, auf dem FAO-Datenmaterial beruhen.
->   Die Forest Resources Assessments der FAO
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Kein schlüssiger Trend ablesbar
Das Ergebnis von Graingers Untersuchung klingt widersprüchlich: So würden zwar alle Berichte einen Rückgang feststellen, insgesamt lasse sich daraus aber kein Trend ableiten. Die Erklärung: Die Vergleichsdaten wurden zwischen den Berichten immer wieder verändert - etwa durch Einführung neuer Kategorien und die Aufnahme neuer Länder.

Immer wieder kamen genauere Daten zum Ausmaß der Fläche, die von Regenwäldern bedeckt waren - daraus einen schlüssigen Trend zu berechnen, sei nicht möglich, so Grainger. Im Gespräch mit der BBC fordert er Investitionen in ein unabhängiges, wissenschaftlich abgesichertes "World Forest Observatory".
FAO: Lückenhaftes Reporting
Die FAO zeigt sich durchaus einsichtig: "Ich stimme absolut zu, dass es riesige Probleme bei der Erfassung von Langzeittrends gibt", wird die Regenwald-Expertin Mette Loyche Wilkie in der BBC zitiert.

Wenige Länder würden regelmäßig die Fläche ihrer Regenwälder überprüfen, über den Erfolg oder Misserfolg von Wiederaufforstungsprogrammen gäbe es so gut wie keine Informationen.
Brisant: Geld für "Waldpflege"
Politisch brisant wird diese löchrige Basis, wenn es um Geldforderungen von Ländern mit Regenwäldern gegenüber Industriestaaten geht. Anlässlich der Weltklimakonferenz schlug etwa der Präsident von Guyana Großbritannien vor, eine Regenwald-Region so groß wie England nicht abzuholzen, wenn Guyana dafür bezahlt werde.

Andere Länder griffen die Idee auf und verlangten Abgeltung für die "Waldpflege" als ihren Beitrag zum Klimaschutz.

Sollte dieses Tauschgeschäft tatsächlich einmal in die Gänge kommen, wären genaue Daten zum Regenwald-Bestand unerlässlich.

Elke Ziegler, science.ORF.at, 9.1.08
->   Alan Grainger (University of Leeds)
Mehr über Regenwälder in science.ORF.at:
->   Brasilien gründet größtes Urwaldschutzgebiet der Welt (5.12.07)
->   Brasilianischer Hochland-Regenwald massiv bedroht (8.9.07)
->   Amazonas-Regenwald droht Versteppung (17.12.06)
 
 
 
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01.01.2010