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Die Mathematik des Risikos  
  Warum das Risiko von Naturereignissen leichter zu bewerten ist, als das von finanziellen Beben, das war gestern Abend Thema bei den Johann Radon Lectures an der Akademie der Wissenschaften.  
Risikoanalysten wiegen ihre Äpfel nicht nur ab, sondern beurteilen, ob diese auch noch in einer Woche glänzen werden. So beschreibt der belgische Finanzmathematiker Paul Embrechts von der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich seine Arbeit.

Für seine Kunden - führende Banken und Versicherungen - bewertet Embrechts jedoch keine Äpfel, sondern die Entwicklungsperspektiven von Finanzprodukten - das können Aktienportfolios ebenso sein, wie Immobilienhypotheken.
"Keinen physikalischen Gesetzen unterworfen"
Die derzeit gängigen Methoden zur Risikobewertung von Finanzprodukten funktionieren schon recht gut, sagt Embrechts - doch an den drei bis vier entscheidenden Tagen im Jahr versagen sie - anders als die Risikobewertungen von Naturgefahren.

Der Grund: "Mit Risikoanalysen lassen sich Naturgefahren - etwa Bergrutsche oder Überflutungen - gut abschätzen. Denn bei Sturmfluten und Wind kommt es zu Prozessen, die naturwissenschaftlichen Gesetzen unterliegen. Die Ereignisse am Finanzmarkt werden allerdings von sozioökonomischen Wechselwirkungen geprägt. Und die sind meist unberechenbar, Rückkoppelungen und Marktteilnehmer halten sich nicht an physikalische Gesetze."
"Menschliche Irrationalität"
Dazu kommt, das der Finanzmarkt so manches Mal der menschlichen Irrationalität unterworfen ist, sagt Embrechts und nennt ein aktuelles Beispiel: Die Immobilienkrise in den USA. Vor dieser warnte der Finanzmathematiker bereits vor Jahren:

"Dort hat man zu blauäugige Modelle benutzt. Mit den Fortschritten im IT-Bereich hat man zu schnell geglaubt, dass eine wissenschaftliche Modellierung der sozioökonomischen Wechselwirkungen möglich sei." Deshalb sollte es im Zweifelsfall also nach wie vor heißen: Ins Sparschwein mit den Mäusen.

Tanja Malle, Ö1 Wissenschaft, 10.1.08
->   Österreichische Akademie der Wissenschaften
 
 
 
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01.01.2010