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Grauhörnchen bluffen Futterdiebe  
  Grauhörnchen betreiben recht ausgefeilte Täuschungsmanöver, sofern ihre persönliche Speisekammer in Gefahr gerät. Wenn sie sich beobachtet fühlen, legen die Nager leere Nussdepots an, um mögliche Futterdiebe in die Irre zu führen.  
Das hat ein Team um Michael Steele von der Wilkes University in Philadelphia (US-Bundesstaat Pennsylvania) herausgefunden. Es handle sich ihres Wissens nach um den ersten Beleg für gezielte Täuschungsmanöver bei Nagetieren, schreiben die Forscher.
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Die Studie "Cache protection strategies of a scatter-hoarding rodent: do tree squirrels engage in behavioural deception" ist im Fachblatt "Animal Behaviour" erschienen (doi:10.1016/j.anbehav.2007.07.026).
->   Abstract
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Leere Löcher für potenzielle Diebe
 
Bild: Wikipedia

Wenn Grauhörnchen einen Leckerbissen übrig haben, vergraben sie ihn für schlechtere Zeiten, jeden in einem eigenen Loch. Bis zu jedes fünfte Loch ist jedoch leer, wie das Team um Steele festgestellt hat.

Die Wissenschaftler beobachteten die in Amerika verbreiteten Hörnchen der Art Sciurus carolinensis (Bild oben) dabei, wie sie Löcher gruben und anschließend nur so taten, als würden sie etwas hinein schieben. Die leeren Depots bedeckten die Nager sogar mit Erde und Blättern.
Auch menschliche Absichten erkannt?
Dieses Verhalten war bei Anwesenheit von Artgenossen häufiger, berichten die Forscher. Nachdem Steele eine Gruppe Studenten losgeschickt hatte, um die Futterdepots der Grauhörnchen zu plündern, nahmen die Täuschungsmanöver der wildlebenden Nagetiere auch in Gegenwart menschlicher Beobachter zu. Ob die Nager allerdings tatsächlich die diebischen Absichten eines Menschen erkennen könnten, ist unklar.

Steeles Fachkollegin Lisa Leaver von der University of Exeter sagt gegenüber dem "New Scientist" (Nr. 2639, S. 16), sie könne sich durchaus vorstellen, dass die Grauhörnchen über eine rudimentäre "Theorie des Geistes" verfügen. Für ein abschließendes Urteil sei es allerdings noch zu früh: "Sie könnten das auch rein durch Versuch und Irrtum gelernt haben."
Kolkraben: Der beobachtete Beobachter
 
Bild: Thomas Bugnyar

Ähnliche spektakuläre Manöver gibt es im Übrigen auch außerhalb der Gruppe der Säugetiere - etwa bei Kolkraben. Die Vögel verstecken wie Eichhörnchen Leckerbisse für magere Zeiten und merken sich dabei genau, welche Artgenossen sie dabei beobachten.

Und sie reagieren danach auch dementsprechend: Ist der Konkurrent ein sozial hoch stehendes Tier, wird das Futterstück rasch aus dem Versteck geholt und weggebracht. Subalterne Artgenossen indes werden umgehend attackiert.

Wie Wiener Verhaltensforscher letztes Jahr herausgefunden haben, registrieren Kolkraben sogar, wenn sie beim Beobachten beobachtet wurden. So lange der Besitzer des Leckerbissens in der Nähe ist, bleiben die Raben auf Distanz zu dem Versteck, vollziehen Ablenkungsmanöver und stochern einmal hier und einmal dort herum.

Erst wenn der Besitzer verschwindet, begibt sich der Beobachter zum Futter - und stiehlt es.

[science.ORF.at/dpa, 17.1.08]
->   Grauhörnchen - Wikipedia
->   Kolkrabe - Wikipedia
->   Michael Steele
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01.01.2010