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Menschlicher Embryo aus Hautzelle geklont  
  Was vor vier Jahren in einem der größten Fälschungsskandale der jüngeren Wissenschaftsgeschichte geendet hat, scheint nun wirklich gelungen: Forscher haben erstmals einen menschlichen Embryo aus einer erwachsenen Körperzelle geklont.  
Die drei nun aus einer Hautzelle geklonten Embryonen entwickelten sich nicht über ein frühes Stadium hinaus, berichtet eine Gruppe um Andrew French von der Stemagen Corporation in La Jolla (US-Staat Kalifornien).

Deshalb konnten auch keine embryonalen Stammzellen gewonnen werden, die für mögliche therapeutische Einsätze infrage kämen - genau das hatte der südkoreanische Forscher Hwang Woo Suk behauptet, der später als Fälscher überführt wurde.
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Die entsprechende Studie "Development of Human Cloned Blastocysts Following Somatic Cell Nuclear Transfer (SCNT) with Adult Fibroblasts" ist am 17.1.08 online in der Fachzeitschrift "Stem Cells" (doi:10.1634/stemcells.2007-0252) erschienen.
->   Die Studie
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Dolly-Verfahren: Entkernung der Eizelle ...
Das Verfahren des nun angewendeten Zellkern-Transfers funktioniert genauso wie beim berühmten Klonschaf Dolly.

Zunächst wird die Eizelle einer Spenderin entkernt - in diesem Fall stammten die insgesamt 29 benötigten Eizellen von drei 20- bis 24-jährigen Frauen, die sie der Forschung kostenlos zur Verfügung gestellt hatten, wie die Forscher betonen.
... und Transfer von DNA aus Zellkern
In einem zweiten Schritt entnehmen die Forscher den Kern einer erwachsenen männlichen Körperzelle und pflanzen ihn in die leere Hülle.

Die darin enthaltenen Substanzen programmieren den erwachsenen Kern in ein frühes Stadium zurück, so dass sich der "alte" Kern teilt und zu einem "neuen" Embryo entwickelt - im konkreten Fall bis zum Stadium der Blastozysten.

Zu diesem Zeitpunkt der Embryonalentwicklung, der bei der natürlichen Entwicklung nach rund fünf Tagen eintritt, besteht der Embryo aus rund 70 Zellen.
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Abgrenzung vom Hwang-Skandal
Der südkoreanische Forscher Hwang Woo Suk hatte bereits 2004 einen solchen Erfolg bei menschlichen Embryonen für sich in Anspruch genommen, seine Gruppe hatte die Resultate jedoch nachweislich gefälscht. Das hatte einen der größten Forscherskandale der vergangenen Jahre zur Folge.
->   Hwangs Tricks: Stammzellen-Skandal endgültig geklärt (2.8.07)
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Forscher schwören: Diesmal alles echt
Andrew French schreibt nun, dass in seinen Experimenten erstmals ein menschlicher Embryo durch das Dolly-Verfahren entstanden sei.

Seine Gruppe betont, dass sie ihren Erfolg durch genetische Analysen exakt belegen könne. Diese Gentests zeigten, dass der Embryo im Zellkern das Erbmaterial des Hautzellenspenders enthielt.

In den Zellkraftwerken (Mitochondrien) der Embryozellen fand sich - wie erhofft - das Erbgut der Eizellspenderin, die mitochondriale DNA.

Bei den Tests wurden die wenige Tage alten Embryonen jedoch zerstört - womit auch keine der begehrten embryonalen Stammzellen gewonnen werden konnten.
Embryonale Stammzellen als nächstes Ziel
Samuel Wood, Mitautor und Chef von Stemagen, erklärte, sein Team versuche nun im nächsten Schritt, eben diese embryonalen Stammzellen herzustellen.

Diese sind eine große Hoffnung der Medizin: Sie könnten bei der Untersuchung von Krankheiten helfen und eines Tages auch die Transplantationsmedizin revolutionieren. Herzkrankheiten, Diabetes und auch Parkinson könnten besser behandelt werden.
Auch bereits anders geklonte Embryonen
Britische Forscher hatten schon 2005 einen menschlichen Embryo geklont. Sie schleusten dafür aber den Kern einer embryonalen Stammzelle in eine leere Eizelle ein.

Embryonale Stammzellen sind jedoch viel schwieriger zu bekommen und zu kultivieren als andere Zellen. Zudem befinden sie sich noch in einem frühen, sehr entwicklungsfähigen Zustand.

Die US-Forscher verwendeten für ihre Arbeit nun die Kerne aus Kulturen von Hautzellen Erwachsener, die viel leichter zu erhalten sind.
->   Menschlicher Embryo in Großbritannien geklont (20.5.05)
Therapeutisches Klonen als Ziel
Fernziel vieler solcher Experimente ist das therapeutische Klonen: Die Zellen früher Embryonen können sich im Prinzip noch zu Zellen aller rund 200 Gewebe des Menschen entwickeln.

Mediziner hoffen, auf diese Weise verschlissene Zellen und Organe von Patienten zu ersetzen. Weil die Zellen dafür aus dem Körper des Patienten stammen, werden sie von seinem Immunsystem nicht abgestoßen.

Inzwischen zeichnen sich aber weitere Wege ab, um an die begehrten Stammzellen zu kommen. Forschern gelang es kürzlich mit einem Cocktail verschiedener Erbanlagen, erwachsene Zellen direkt in ein frühes, embryonales Stadium zurückzuprogrammieren.

[science.ORF.at/dpa/AP, 17.1.08]
->   Stemagen Corporation
Mehr zu dem Thema in science.ORF.at:
->   "Jungbrunnen" macht aus Haut embryonale Stammzellen (20.11.07)
->   Hwang: Der Krimi hinter dem Forschungsbetrug (6.1.06)
 
 
 
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01.01.2010