News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Gesellschaft 
 
Prognose: Weltbevölkerung altert immer schneller  
  Die Weltbevölkerung wird immer älter. Am rasantesten steigt der Anteil älterer Menschen in den Jahren 2020 und 2030, haben Demografen in einer aktuellen Studie berechnet. Danach altern die Gesellschaften zwar weiterhin, aber etwas gemächlicher: Im Jahr 2100 wird das Durchschnittsalter in Westeuropa 53,5 Jahre betragen - 15 Jahre mehr als momentan.  
Prognosen für die Politik
Diskussionen um Pensions- und Steuerreformen machen deutlich: Politische Konzepte von gestern sind nicht immer dazu geeignet, die Probleme von heute zu lösen. Sie bedürfen ständiger Nachjustierungen - wie oft diese Nachjustierung passieren muss, hängt nicht zuletzt von der Bevölkerungsentwicklung ab.

Denn: Verschiebt sich das demografische Profil der Gesellschaft, kann das etwa die Finanzierung von Pensionen und der Gesundheitsversorgung in Frage stellen. So lautet zumindest die vorherrschende Lesart von Politikern und Ökonomen. Für ihre Argumentation stüzten sie sich gerne auf möglichst stichhaltige Prognosen durch die Wissenschaft.

Die letzte dieser Art haben nun Demografen der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und des International Institute for Applied Systems Analysis (IIASA) in Laxenburg veröffentlicht.
...
"The coming acceleration of global population ageing" wurde auf der Website der Zeitschrift "Nature" veröffentlicht (20.1.08; doi: 10.1038/nature06516).
->   Abstract
...
Aktuelle Zahlen, zukünftige Szenarien
Grafik: APA
Stand der Dinge: Aktuell (2005) ist der durchschnittliche Mensch 30,4 Jahre alt. 2020 wird dieser Wert bei 33,1 Jahren und 2100 schließlich bei 45,5 Jahren liegen. In Westeuropa ist der Wert mit 39,1 Jahren derzeit am höchsten, 2020 werden es 42,4 und 2100 53,5 Jahre sein.

Ähnliche Entwicklungen sehen die Experten für Nordamerika. Zum Vergleich, im Mittleren Westen sind die Menschen derzeit durchschnittlich 25,1 Jahre alt, 2020 werden es laut den Forschern 28,3 Jahre und 2100 46,6 Jahre sein.

Frage an Studienleiter Wolfgang Lutz: Aber das kann doch unmöglich ewig so weiter gehen - wann sind wir so alt, dass die Entwicklung zu einem Ende kommt?

"Ein Endpunkt ist nicht in Sicht", sagt Lutz gegenüber science.ORF.at: "Allerdings zeigt sich, dass die Veränderungen zwischen 2070 und 2100 nicht mehr so groß sind, wie in den Jahrzehnten davor. Prognosen, die weiter als bis 2100 gehen, haben wir deswegen nicht berücksichtigt, weil dann die Unsicherheitsfaktoren schon sehr groß werden."
...
Anteil der Greise
Das Team um Lutz hat auch berechnet, wie groß der Anteil der über 80-jährigen Westeuropäer im Jahr 2100 sein wird. Konservativ gerechnet wird er wohl bei knapp 20 Prozent liegen, er könnte allerdings auch bis zu 40 Prozent betragen, sofern sehr optimistische Prognosen über die Entwicklung der Medizin Recht behalten. Dieser Fall ist allerdings extrem unwahrscheinlich.
...
Die Geschwindigkeit der Alterung
Lutz und seine Kollegen haben in der Studie auch erhoben, wie schnell sich das Alter der Gesellschaften im Lauf der Zeit verändern wird: Im weltweiten Schnitt wird die Bevölkerung am schnellsten zwischen 2020 und 2030 altern.

Manche Regionen wie beispielsweise Japan sind früher betroffen (zwischen 2010 und 2020). Nordamerika, China und der europäische Teil der ehemaligen Sowjetunion liegen im Schnitt, in West- und Osteuropa dauert der Prozess länger (von 2010 bis 2030). Schlusslichter sind Südasien (2035 bis 2045), der Mittlere Osten (2040 bis 2050) und Afrika (nach 2050).

In den meisten Regionen der Welt wird der Höhepunkt bis zur Jahrhundertmitte erreicht sein. Danach wird das Tempo der Alterung wohl wieder zurückgehen.
Die Ursachen
Diese Beschleunigung im Alterungsprozess findet auf der ganzen Welt statt, die Gründe dafür differieren jedoch: "In den USA und in Teilen Westeuropas kommen die sogenannten Babyboomer der 1960er Jahre in den Jahren 2020 bis 2030 ins Pensionsalter", so Lutz. Zum anderen macht eine weitere Zunahme der Lebenserwartung die Gesellschaften noch älter, als sie es ohnehin schon sind.

In China markiert die Einführung der strikten Geburtenkontrollen Ende der 1970er Jahre den Bruch. In vielen Entwicklungsländern sind Programme zur Familienplanung und wirtschaftliche Entwicklungen Ursache des laufenden Geburtenrückgangs seit den 1960er und 1970er Jahren.

[science.ORF.at/APA, 21.1.08]
->   International Institute for Applied Systems Analysis
->   Institut für Demografie der ÖAW
Mehr zu diesem Thema in science.ORF.at:
->   Pensionsvorsorge: Die Mythen der "Vergreisung"
->   Neuer Lebenslauf für eine alternde Gesellschaft
->   Frauen werden immer später Mütter
->   Die "ideale Familie" wird immer kleiner
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Gesellschaft 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010