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Craig Venter schafft künstliches Bakterien-Genom  
  Ein Team um den US-Genforscher Craig Venter hat das komplette Erbgut eines Bakteriums mit chemischen Methoden nachgebaut. Ähnliches ist der Forschergruppe zwar schon früher gelungen, das neue künstliche Genom ist jedoch erheblich größer als seine Vorgänger.  
Versuche wie dieser gelten als wichtige Zwischenetappe auf dem Weg zum synthetischen Organismus. Künstliche Bakterien sollen in Zukunft biotechnologisch genutzt werden, etwa zur Herstellung von Biokraftstoffen, zur Entsorgung giftiger Abfälle oder zur Beseitigung des Treibhausgases CO2.
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Die Studie "Complete Chemical Synthesis, Assembly, and Cloning of a Mycoplasma Genitalium Genome" von D.G. Gibson et al. ist am 24.1.08 auf der Website von "Science" erschienen (doi: 10.1126/science.1151721).
->   Abstract der Studie
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Bakterium, Version 1.0
Als Vorbild für den Nachbau eines kompletten Genoms diente den Wissenschaftlern um den Medizin-Nobelpreisträger Hamilton Smith vom J. Craig Venter Institute in Rockville (US-Bundesstaat Maryland) das Bakterium Mycoplasma genitalium. Der Name des synthetischen Nachbaus - M. genitalium JCVI-1.0 - verweist sowohl auf dieses Vorbild als auch auf den Erschaffungsort.

Das Bakterium besitzt mit insgesamt nur 485 Protein-bildenden Genen das kleinste Genom überhaupt. Die Abfolge seiner 580.076 Basenpaare - der Grundbausteine des Erbmaterials - war bereits bekannt.
Zusammenbau in Stufen
Beim Nachbau gingen die Forscher stufenweise vor. Sie ließen sich zunächst von einem kommerziellen Anbieter Abschnitte des Erbguts aus jeweils fünf- bis siebentausend Basenpaaren liefern. In dieser Größe sei die Synthese von DNA aus Einzelbausteinen bereits Standard, schreiben die Forscher.

Die Teilstücke fügten sie zu größeren Abschnitten zusammen, die dann wieder zu noch größeren Fragmenten verbunden wurden - so lange, bis die Wissenschaftler schließlich vier verschiedene Abschnitte besaßen, die jeweils ein Viertel des Ursprungsgenoms umfassten.

Bis zu diesem Schritt erfolgte der Zusammenbau der Einzelbaustücke im Reagenzglas, die jeweils resultierenden Fragmente vermehrten die Forscher anschließend in Bakterien. Die Viertel-Genome schließlich verknüpften sie in einer Hefezelle zum vollständigen Kunst-Genom. Anschließend bestimmten die Wissenschaftler die Abfolge der Bausteine in ihrem Nachbau. Die Analyse ergab eine exakte Übereinstimmung mit dem Original.
Nächster Schritt: Genetische Abschlankung
Die Forscher um Venter wollen in weiteren Versuchen das Kunst-Genom nachträglich wieder um jeweils einige Gene reduzieren, um herauszufinden, welche für das Überleben des Bakteriums verzichtbar sind.

Vorherige Versuche hatten gezeigt, dass etwa 100 Gene womöglich nicht zwingend notwendig sind, da das Bakterium sich weiter vermehrte, wenn diese einzeln ausgeschaltet wurden. Ob und welche Kombinationen dieser Gene gleichzeitig verzichtbar sind, ist aber bisher unklar.

[science.ORF.at/dpa, 24.1.08]
->   Mykoplasmen - Wikipedia
->   J. Craig Venter Institute
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->   Komplettes Genom in anderes Bakterium übertragen
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01.01.2010