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Innere Uhr: Typustest mit leuchtenden Hautzellen  
  Eine einfache Probe von Hautzellen soll in Zukunft genügen, um die Gangart der inneren Uhr zu bestimmen. Versuche mit passionierten Langschläfern und Frühaufstehern verliefen jedenfalls erfolgreich, berichten deutsche und Schweizer Forscher.  
Viele Uhren, eine Superuhr
Ob man "Eule" oder "Lerche", Nachtschwärmer oder Tagmensch ist, hängt von der Gangart der inneren Uhr ab. Womit meistens der "suprachiasmatische Nukleus" (SCN), ein Bereich des Hypothalamus, gemeint ist, der auf Tageslicht reagiert und Signale an die anderen Organe weiterleitet. Eigentlich ist der SCN ja eine Art Superuhr, denn Uhren gibt es im Körper viele.

Die meisten Organe haben eigene Rhythmen und Schrittmacher, einzelne Zellen schwingen in einem charakteristischen Takt, ja selbst auf der Ebene der Erbfaktoren lässt sich so etwas nachweisen: Rund 10 Prozent aller Gene ändern ihre Aktivität in einem 24-stündigen Rhythmus.
Teil und Ganzes synchron?
Bei so viel Tick Tack im Körper kann man leicht den Überblick verlieren, weswegen sich zunächst folgende Frage aufdrängt: Gehen die Körper-, Organ- und Zelluhren synchron? Oder anders ausgedrückt: Spiegelt sich das Verhalten von Frühaufstehern und Langschläfern auch auf der Gewebeebene?

Forscher um Achim Kramer von der Berliner Charité haben nun ein entsprechendes Testverfahren entwickelt, das erste Antworten liefert. Sie baten 28 Personen ins Labor, überprüften die Gangart ihrer inneren Uhr per Fragebogen (17 waren "Eulen", die anderen 11 "Lerchen") und nahmen eine Hautprobe.
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Die entsprechende Studie, "Molecular insights into human daily behavior", wird emnächst auf der Website der "Proceedings of the National Academy of Sciences" erscheinen (doi: 10.1073/pnas.0707772105).
->   Abstract (sobald online)
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Künstliches Leuchten für Hautzellen
Bisherige Versuche an Mäusen hatten schon gezeigt, dass Fibroblasten aus der Haut einen recht ähnlichen Rhythmus drauf haben wie der SCN, die Superuhr im Hirn. Und sie stehen laut diesen Experimenten auch mit dem Verhalten (hier etwa: Rennen im Laufrad) in Zusammenhang, insofern war zu erwarten, dass die Sache auch beim Menschen funktionieren könnte.

Kramer und seine Kollegen bauten ein Biolumineszenz-Gen in die Hautzellen ein und kontrollierten so deren Aktivität via Lichtmessung. Das Ergebnis bestätigte zunächst die Vermutung: Die Schwingungen in den Zellen der Langschläfer haben tatsächlich eine längere Periode als jene der Frühaufsteher. Oder, genauer gesagt: Es besteht eine recht gute Korrelation zwischen beiden Größen.

Unter den Probanden waren allerdings einige, die zwar relativ normale Leuchtperioden in den Hautzellen aufwiesen und dennoch zu den extremen Chronotypen zählten.
Mehrfache Unterschiede auf der Zellebene
Die Forscher um Kramer stellten fest, dass sich diese Probanden dafür in einer anderen Hinsicht unterschieden. Die Genaktivität in den Hautzellen schwang mit unterschiedlichen Amplituden. Auch die Empfänglichkeit gegenüber Phasenverschiebungen (wenn man so will: Jetlag für Gene) war eine andere.

Ist das eine Erklärung für die Tatsache, dass manche der Probanden bereits in der Nacht aus dem Bett springen, während andere am liebsten bis Mittag in den Federn blieben? Möglicherweise. Zumindest kann man mathematisch zeigen, dass sich Differenzen auf der Gewebe-Ebene unter Umständen aufschaukeln und den Gang der Superuhr im Hypothalamus verändern.

Langfristig soll das neue Testsystem im klinischen Bereich zur Anwendung kommen, schreiben Kramer und Kollegen. Damit könnten Patienten mit gestörter innerer Uhr schnell und einfach via Hautprobe erkannt werden.

Robert Czepel, science.ORF.at, 29.1.08
->   Achim Kramer - Deutsche Forschungsgemeinschaft
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01.01.2010