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Gutachter informierte heimlich Pharmakonzern  
  "Betrugsaffäre" in den USA: Der Gutachter einer Medizin-Fachzeitschrift hat eine kritische Studie über einen Blutzuckersenker vor der Veröffentlichung an die Herstellerfirma geschickt.  
Dadurch konnte der Pharma-Multi schneller eine entsprechende Gegenstudie veröffentlichen. Geholfen hat es freilich nicht - das Medikament verkauft sich seither nur noch schleppend, berichtet die aktuelle Ausgabe von "Nature".
Diabetes-Medikament erhöht Infarktrisiko
Begonnen hat alles mit einer Studie, die im "New England Journal of Medicine" (NEJM) erscheinen sollte. Forscher haben dabei mittels Meta-Analyse festgestellt, dass das Diabetes-Medikament "Avandia" (Rosiglitazon) nach 24 Wochen Einnahme die Häufigkeit von Herzattacken bei Diabetikern um 43 steigert.

Insgesamt hätte sich sogar ein um 64 Prozent höheres Todesrisiko durch Herz-Kreislauf-Zwischenfälle beobachten lassen.
Unveröffentlichte Studie weitergefaxt
Einer der Gutachter, der im Rahmen des Peer-Review-Prozesses über die Qualität der Studie entscheidet, war Steven Haffner von der University of Texas (San Antonio). Haffner hat früher Geschäftsbeziehungen mit den Rosiglitazon-Herstellern GlaxoSmithKline (GSK) unterhalten.

Er faxte das noch unveröffentlichte Manuskript an Alexander Cobitz, einen Angestellten von GSK. Über den Grund schweigt sich Haffner aus. "Es ist mir ein Rätsel, warum ich das geschickt habe. Ich verstehe es nicht. Mir ging es nicht gut. Es war eine falsche Entscheidung", wird Haffner in "Nature" zitiert.
Schnellere Reaktion der Hersteller
Nach Veröffentlichung der Studie im NEJM bestritt GSK die Resultate. Und dank der "rechtzeitigen" Exklusiv-Information durch Haffner schaffte es der Pharmahersteller, nur zwei Wochen später den Zwischenbericht einer eigenen Studie zu publizieren - und zwar ebenfalls im NEJM. Selbstverständlich führte diese Studie zu ganz anderen Resultaten.
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Abstracts der beiden Studien: "Effect of Rosiglitazone on the Risk of Myocardial Infarction and Death from Cardiovascular Causes" (Bd. 356, S. 2457) und "Rosiglitazone Evaluated for Cardiovascular Outcomes - An Interim Analysis" (Bd. 357, S. 28).
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Verkaufsrückgang war nicht zu verhindern
Am Niedergang der Verkaufszahlen von Avendia hat das aber nichts geändert. Unmittelbar nach Veröffentlichung der ersten Studie hatte die amerikanische Arzneimittelagentur FDA eine Warnung herausgegeben.

Der Börsenkurs von GSK brach darauf kurzfristig um 13 Prozent ein. Im dritten Quartal verkaufte GSK in den USA um 48 Prozent weniger Avendia als im Jahr zuvor, weltweit waren es 38 Prozent.

GSK hatte mit Rosiglitazon einen Jahresumsatz von zwei Mrd. Euro gemacht.

[science.ORF.at, 30.1.08]
->   Rosiglitazon (Wikipedia)
->   Nature News
Mehr zu dem Thema in science.ORF.at:
->   Diabetes-Medikament soll Herzinfarktrisiko steigern (22.5.07)
 
 
 
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01.01.2010