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Singvögel erkennen Längen- und Breitengrad  
  Teichrohrsänger besitzen offenbar einen echten Navigationssinn und finden ihr Ziel selbst dann wieder, wenn sie im Flugzeug mehr als 1.000 Kilometer vom Kurs abgebracht werden. Sie erkennen nicht nur den Breitengrad, sondern auch den korrekten Längengrad ihrer aktuellen Position.  
Wie die Tiere der Art Acrocephalus scirpaceus das machen, ist allerdings noch unbekannt. Die neuen Resultate ziehen jedenfalls die These in Zweifel, derzufolge Vögel in erster Linie entlang der Nord-Süd-Achse navigieren. Das berichten Forscher um Henrik Mouritsen von der Universität Oldenburg.
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Die entsprechende Studie, "A Long-Distance Avian Migrant Compensates for Longitudinal Displacement" ist auf der Wesbite von "Current Biology" erschienen (Bd. 18, S. 1-3, doi: 10.1016/j.cub.2008.01.018).
->   Current Biology
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Tiere um 1.000 km versetzt
In dem Experiment hatte Mouritsen mit seinen Kollegen der Russischen Akademie der Wissenschaften die Vögel in der Gegend von Kaliningrad an der Ostseeküste gefangen. Die Tiere waren zu dieser Zeit in nordöstlicher Richtung unterwegs und hätten daher bald Estland, Lettland und Litauen überflogen.

In einem Flugzeug wurden die Teichrohrsänger dann 1.000 Kilometer in Richtung Osten verfrachtet und in der Region von Swenigorod wieder freigelassen - an einem ganz anderen Längengrad.
Verschiebung exakt kompensiert
 
Bild: Current Biology

Das ursprünglich angepeilte Ziel der Vögel lag nun im Nordwesten statt im Nordosten. Genau dorthin flogen die Teichrohrsänger auch, und orientierten sich damit exakt in Richtung ihrer ursprünglich angestrebten Brutplätze (Bild oben, Pfeil Nr.2).

"Das zeigt, dass sie die geografische Länge feststellen können, obwohl wir nicht wissen, wie sie das tun", erklärte Nikita Tschernezow vom russischen zoologischen Institut. Die geografische Breite - also die Position entlang der Nord-Süd-Achse - könnten die Tiere hingegen verhältnismäßig einfach mit Hilfe des Sonnenstands ermitteln.
Ost-West-Orientierung via Magnetismus?
Wie die Vögel den Längengrad feststellen, wollen die Forscher mit weiteren Experimenten untersuchen. Mouritsen spekuliert, dass die Tiere vielleicht eine besonders feine Wahrnehmung von Magnetfeldern besitzen und so auch zwischen Ost und West unterscheiden können.

"Russland eignet sich als großes Land für diese Experimente besonders gut, weil wir die Vögel über große Strecken versetzen können, ohne Grenzen zu überqueren. Hier in Europa müssten wir dafür erst Anträge stellen und Verzögerungen in Kauf nehmen", erläuterte der Oldenburger Biologe.

Das Wissen über die Navigation der Vögel habe auch praktischen Nutzen: "Wenn es gelingt, das Zugverhalten der Vögel zu verstehen, können bedrohte Arten vor dem Aussterben geschützt werden."

[science.ORF.at/dpa, 1.2.08]
->   Teichrohrsänger - Wikipedia
->   Henrik Mouritsen
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01.01.2010