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Ambivalent: Die Wissenschaften und ihre Stars  
  Prominente Wissenschaftler haben es nicht leicht: Auf der einen Seite machen sie ihr Fach in der Öffentlichkeit populär, auf der anderen Seite kann ihre Glaubwürdigkeit unter dem Scheinwerferlicht leiden.  
Über den Trend zur Popularisierung diskutierten am Donnerstag in Wien Vertreter aus den Medien und aus der Forschergemeinde.
Weltretter und Unheilbringer
Wie werden Wissenschaftler in den Medien dargestellt? Die Mediensoziologin Eva Flicker von der Universität Wien hat dazu die Bilder von Hollywood-Filmen analysiert.

Ihr Schluss lautet: ambivalent. Entweder retten die Wissenschaftler die Welt, wie es zuletzt Wil Smith in "I am Legend" gemacht hat, oder sie bringen Unheil à la Frankenstein.

Ambivalenz ist auch in der echten Welt das Zauberwort. Wissenschaftsstars konfrontieren die Öffentlichkeit zwar mit ihrem Thema, wer allzu oft in den Medien vorkommt, wird von den Kollegen aber zumeist scheel betrachtet.
Schein und Sein
"Wissenschaftsstars erleichtern das Einwerben von Geldern, saugen aber intern auch Ressourcen ab", berichtete Gerald Steinhardt von der TU Wien bei einer Veranstaltung vom Verein für Wissenschaftskommunikation sciCo.

Der Informatik-Dekan sprach sich gegen eine übertriebene Personalisierung der Wissenschaften aus, die den Schein zum Sein macht.

Auf der anderen Seite können Ehrungen wie der "Wissenschaftler des Jahres" dazu führen, Disziplinen zu mehr Bekanntheit zu verhelfen - wie es etwa bei Rudolf Taschner und der Mathematik gewesen ist.
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TV-Prominenz noch kein Qualitätsbeweis
Wissenschaftsstars müssen keine exzellenten Wissenschaftler sein. Und umgekehrt. In den Bewerbungsschreiben, die die Elite-Uni in Maria Gugging (NÖ) gerade bekommt, werden die Gehaltsvorstellungen der künftigen Exzellenz-Forscher und -Forscherinnen mit Hinweisen auf die Reputation und die Qualität veröffentlichter Studien argumentiert. Und noch nicht mit dem Hinweis, wie oft man zuletzt im Fernsehen aufgetreten sei, erzählte Laurenz Niel, der Koordinator des wissenschaftlichen Rats des I.S.T. Austria.
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Kampf um Aufmerksamkeit
Die Teilnehmer der Diskussion waren sich in einem Punkt einig: Die mediale Aufmerksamkeit wird für die Wissenschaft immer wichtiger. Gerald Steinhardt: "Der Kampf um Aufmerksamkeit hat zugenommen. Es wird immer schwieriger in den Medien, differenziert zu argumentieren, nicht nur, aber auch in der Wissenschaft."

Dass Medien ihre Geschichte gerne über "bekannte Gesichter" verkaufen, ist für den Informatiker durchaus nachvollziehbar - die genauen Gründe lieferte die Medienanalytikerin Astrid Zimmermann vom Medienhaus Wien.
Sprechen, Verknappen, Unverwechselbarkeit
"Medien brauchen Stars. Für die Wissenschaft gilt besonders: Je spröder das Thema, desto mehr braucht es Persönliches", erklärte Zimmermann. Sie verriet auch die Kriterien, wie man es zu einem Wissenschaftsstar bringen kann: verständlich formulieren soll er oder sie können, Sachverhalte verknappen, keine Scheu vor der Kamera haben und vielleicht auch ein bisschen provozieren können.

Weiters von Vorteil ist laut Zimmermann eine eindeutig zu identifizierende "Geschichte", die mit ihm oder ihr verbunden ist: so wie das (faktisch unrichtige) Beamen, mit dem der Quantenphysiker Anton Zeilinger verknüpft ist.

Oder der Rollstuhl, auf dem Stephen Hawking sitzt. Oder aber auch Josef Penninger, der nach Österreich zurückgeholt und somit eine "Exzellenz gerettet" wurde, wie es Zimmermann ironisch ausdrückte. Solche Bilder oder Geschichten würden ganz unironisch für einen Wiedererkennungswert in der Bevölkerung sorgen.

Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen sind begehrte Gesprächspartner, weil sie als glaubwürdig und authentisch gelten. In der durchaus überschaubaren Wissenschaftsszene Österreichs wird es deshalb vermutlich noch etwas dauern, bis ein Vertreter oder eine Vertreterin aufschreien wird: Ich bin ein Star, holt mich hier raus!

Lukas Wieselberg, science.ORF.at, 1.2.08
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01.01.2010