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Brutparasitismus: Wettbrüllen im Vogelnest  
  Wie der Kuckuck legt der nordamerikanische Braunkopf-Kuhstärling seine Eier in fremde Nester. Im Gegensatz zu diesem wirft er aber nicht Wahlgeschwister aus dem Nest, sondern versucht es mit Gesang oder besser: mit Gebrüll. Sein ohrenbetäubendes Gezwitscher soll ihm die absolute Aufmerksamkeit seiner Zieheltern sichern.  
So leicht lässt sich aber der Nachwuchs von Singsperlingen laut einer kanadischen Studie nicht aus dem Feld schlagen. Also imitiert er im Gegenzug das Geschrei des Parasiten - und sorgt damit für eine angemessene Versorgung.
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Der Artikel "Sheep in wolf's clothing: host nestling vocalizations resemble their cowbird competitor's" von Katie Pagnucco et al. erscheint in der aktuellen Ausgabe der "Proceedings of the Royal Society" (DOI: 10.1098/rspb.2007.1706).
->   Zum Abstract (sobald online)
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Betrügereien sichern die Gastfreundschaft
Den Brutparasiten dienen andere Vögel als Wirtstiere für die Aufzucht ihres Nachwuchses. Dazu imitieren viele von ihnen, wie etwa der Kuckuck, deren Eier - sowohl hinsichtlich der Farbe als auch der Form. Andere Arten treiben ihre Betrügereien noch weiter, indem sie nach dem Schlüpfen versuchen, den Gesang der Gastfamilie nachzumachen, so etwa auch der Kuhstärling.

Sobald der Eindringling von seinen Zieheltern akzeptiert wird, übertreibt er es oft mit dem Gezwitscher, um möglichst viel der elterlichen Pflege zu erhaschen. Für die Gastfamilie bedeutet dieses parasitäre Verhalten vor allem Kosten in Bezug auf die eigenen Kinder.

Daher gingen die Forscher von der Annahme aus, genetische Selektion sollte jene Vogelarten begünstigen, welche die Eindringlinge identifizieren oder ihren Schaden zumindest mit anderen Strategien in Grenzen halten können.
Imitation führt zu übertriebener Lautstärke
Für ihre Untersuchung verglichen die Biologen rund um Liana Zanette vom Department of Biology der University of Western Ontario den Gesang von nicht mit Parasiten besetzten Nestern von Singsperlingen mit dem von besetzten. Aufgezeichnet wurden sowohl die Frequenzen und die Amplituden des Vogelgezwitschers, aber auch die Häufigkeit und Dauer der Lautäußerungen.

Die Ergebnisse zeigten, dass die fremd bestimmten Nester eindeutig lauter und in jeder Hinsicht akustisch auffälliger waren. Diese Steigerung war aber laut den Forschern nicht nur auf das übertriebene Geschrei des Parasiten zurückzuführen. Die nähere Analyse der Daten ergab nämlich, dass die eigenen Nestlinge als Reaktion auf den Konkurrenten ihr Gezwitscher quasi "zurück"anpassten.
Wirtskinder ausreichend versorgt
Der Sinn und Zweck dieser Aktion: So wolle der Sperling verhindern, dass der Kuhstärling die elterliche Fürsorge monopolisiere. Diese Strategie ist laut den Wissenschaftlern in diesem Fall voll aufgegangen. Die Vögel wurden von ihren leiblichen Eltern ausreichend gefüttert und zwar um nichts weniger als die Vergleichstiere in den "feindfreien" Nestern.

Die Ergebnisse seien insofern konsistent mit früheren Untersuchungen, als auch andere Sperlingsarten ihr Gezwitscher intensivieren, wenn der Umgebungslärm steigt oder sie sehr viele Geschwister - also Konkurrenten - besitzen.

Laut den Biologen wäre es seltsam, wenn sich die Tiere gerade angesichts eines meist größeren Rivalen nicht so verhalten würden. Daher gehen sie auch davon aus, dass diese wechselseitige Mimikry ein generelles Verhaltensmuster von potenziellen Wirtsvögeln sei.

Eva Obermüller, science.ORF.at, 6.2.08
->   Kuhstärlinge (Wikipedia)
->   Liana Zanette
->   Department of Biology (University of Western Ontario)
Mehr dazu in science.ORF.at:
->   Synchroner Vogelgesang vertreibt Feinde (5.6.07)
->   Wie Vogelgesang die Fortpflanzung beeinflusst (18.11.03)
->   Vogelgesang angepasst an die Umgebung(28.12.01)
 
 
 
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01.01.2010