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Erste Resistenzen gegen Gentech-Baumwolle  
  Die sogenannte Bt-Baumwolle muss nicht mit Spritzmitteln vor Schädlingen geschützt werden - sie produziert entsprechende Giftstoffe mit Hilfe implantierter Gene. US-Forscher zeigen nun: Die Wirkung des Giftes nimmt ab, erste Resistenzen treten auf.  
Bakterien-Gen eingeschleust
Die Idee wirkt auf den ersten Blick recht überzeugend: Man statte Nutzpflanzen mit einem zusätzlichen Gen aus, das einen Giftstoff produziert - und eliminiere so unerwünschte Schädlinge. So geschehen etwa bei der transgenen Variante von Mais und Baumwolle.

Beide Pflanzen stellen ein vom Bakterium Bacillus thuringiensis ("Bt") stammendes Toxin her, das die Larven diverser Schädlinge tötet - etwa des Maiszünslers und Baumwollkapselbohrers.
"Evolution in Aktion"
Abgesehen von den ökologischen Risiken dieser Strategie kann der Schuss auch anderweitig nach hinten losgehen: Die andauernde Gegenwart des Giftstoffes fördert nämlich unter Umständen die Entwicklung von Resistenzen. Bei unsachgemäß durchgeführten Antibiotikakuren gegen bakterielle Erreger passiert das regelmäßig, wie jeder aus eigener Erfahrung weiß, im Fall transgener Baumwollpflanzen dürfte es nun ebenfalls so weit sein.

Wie Forscher um Bruce E. Tabashnik berichten, nimmt die Empfindlichkeit des Baumwollkapselbohrers gegen das sogenannte Bt-Toxin zumindest in zwei US-Anbaugebieten - Mississippi und Arkansas - deutlich ab.

"Was wir hier sehen ist Evolution in Aktion", sagt der Insektenforscher von der University of Arizona. "Das ist der erste dokumentierte Fall einer im Feld erworbenen Bt-Resistenz." Angesichts der stark angestiegenen Verbreitung von Bt-Mais und Bt-Baumwolle ist das keine gute Nachricht: Die weltweiten Anbauflächen der beiden transgenen Nutzpflanzen belaufen sich mittlerweile auf 162 Millionen Hektar.
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Die entsprechende Studie, "Insect resistance to Bt crops: evidence versus theory", ist im Fachjournal "Nature Biotechnology" erschienen (Bd. 26, S. 199; doi: 10.1038/nbt1382).
->   Abstract
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Verzögerungstaktiken
Andererseits zeigt die Studie der US-Biologen, dass man es zurzeit noch mit einem lokalen Problem zu tun hat. Landwirtschaftliche Nutzflächen in Australien, China, Spanien sowie in anderen Teilen der USA hätten noch keine Anzeichen von Resistenzen gezeigt.

Gleichwohl könne man auch hier deren Erwerb nur verzögern, aber nicht prinzipiell aufhalten. Eine Möglichkeit zur Verzögerung ist die sogenannte "refugee strategy". Dabei werden herkömmliche in unmittelbarer Nähe von transgenen Nutzpflanzen gepflanzt, damit sich widerstandsfähige Schädlinge möglichst mit ihren unangepassten Artgenossen paaren. Die Idee dahinter: Wenn die Resistenz auf rezessivem Weg vererbt wird, steigt die Chance, dass auch die nächste Generation durch das Toxin ausgeschaltet wird.

Laborversuche zeigen allerdings: Das Merkmal wird in den meisten Fällen dominant vererbt. So bleibt nur noch die Möglichkeit des "gene pyramiding", bei dem man der Maxime folgt: Wenn ein Toxin nicht hilft, dann vielleicht zwei. Bei der neuen Generation gentechnisch modifizierter Pflanzen wurde dieses Prinzip bereits verwirklicht. Sie tragen gleich zwei Gift-Gene in ihrem Erbgut.

Robert Czepel, science.ORF.at, 8.2.08
->   Bruce E. Tabashnik
->   Bt-Toxin - Wikipedia
 
 
 
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01.01.2010