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Qumran-Schriften: Weiter einzigartige Dokumente  
  1947 wurden die ersten religiösen Schriften in der Ruinenhöhle Qumran in der Nähe des Toten Meers gefunden. Seither wurden sie immer wieder als "Sprengstoff" für Juden- und Christentum bezeichnet, auch Verschwörungstheorien verweisen gerne auf die Psalme und anderen Texte.  
Überaus interessant findet der Judaistik-Professor und Qumran-Forscher Armin Lange (Universität Wien) die Schriften, "Sprengstoff" will er anlässlich einer Veranstaltung in Wien allerdings keinen entdecken.
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Internationaler Kongress
Vom 11. bis 14. Februar 2008 findet an der Universität Wien der internationale Forschungskongress "The Dead Sea Scrolls in Context: Integrating the Dead Sea Scrolls in the Study of Ancient Texts, Languages, and Cultures" statt.
->   Programm der Veranstaltung (pdf-Datei)
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Basis für Verschwörungstheorien
Mythen bis hin zu Verschwörungstheorien ranken sich um die antiken Handschriften, die vor rund 60 Jahren in elf Höhlen rund um die Ruinenhöhle Qumran in der Nähe des Toten Meeres gefunden wurden.

So wurde unter anderem behauptet, dass in den Texten derart brisante Tatsachen über Jesus stecken, dass der Vatikan die Inhalte zurückhalte.
Datierung: Zwischen 300 vor und 100 nach Christus
Bild: Library of Congress
Ein Psalm der Qumran-Schriften
Solche Behauptungen sind laut Lange schon deshalb unhaltbar, weil Rom keine Handhabe keinerlei besonderen Rechte auf die in Jerusalem gelagerten Schriften habe.

Mittlerweile sei ein Großteil der Schriften aufgearbeitet und klar, dass Jesus in den Schriften nicht erwähnt werde.

Die Texte datieren zwar von 300 vor Christus bis 100 nach Christus, allerdings handelt es sich dabei größtenteils um Abschriften. Wenn man den Zeitpunkt der Verfassung der Texte zugrunde legt, so ist jedenfalls unter den essenischen Schriften das jüngste Datum 30 vor Christus.
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Die Qumran-Schriften
Die sogenannten Tempelrollen waren 1947 und 1956 in elf Höhlen im Wadi Qumran im heutigen Westjordanland am Toten Meer entdeckt worden. Sie enthalten Handschriften von Teilen des Alten Testaments, kanonischen Texten mit ihren dazu gehörigen althebräischen Kommentaren sowie aramäische, altgriechische und lateinische biblische Texte. Die Rollen sind sprach- und religionsgeschichtlich von einzigartiger Bedeutung.
->   Scrolls from the Dead Sea (Library of Congress)
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Beispielloses Dokument der Zeit
Was die Texte sowohl für das Judentum als auch für das Christentum dennoch höchst interessant machen, ist die historische Beleuchtung einer Zeit, als sich die beiden Glaubensrichtungen spalteten.

So zeigen die größtenteils religiösen Texte - andere Texte gab es laut Lange zu dieser Zeit praktisch nicht - in welchem Umfeld und vor welchem Hintergrund das Christentum entstand.
Paulus: Sünde als Sein
So habe das Studium der Qumran-Texte etwa Licht auf das Werk von Paulus geworfen, der in einem Umfeld agierte, in dem Sünde weniger als Handlung, sondern vielmehr als Seinszustand galt. "Man hat nicht eine bestimmte Sünde begangen, sondern war der Sünde verfallen", so Lange.
Entstehung der jüdischen Praxis
Für Juden und jüdische Historiker beleuchten die Qumran-Schriften die Entstehung des bis heute praktizierten Rabbinischen Judentums, in dem es keine eigentlichen Gotteshäuser (Tempel) und Priester, sondern vielmehr Versammlungsräume (Synagogen) und Schriftgelehrte (Rabbiner) gibt.

Kern des Rabbinischen Judentums ist weiters das Einhalten bestimmter Riten, die nach der Vernichtung des Tempels in Jerusalem durch die Römer im Jahr 70, gleichsam als gemeinsame Klammer der Juden gelten.

"Jude ist, wer jüdisch handelt" - heißt es fortan, gemeint ist etwa die Einhaltung des Sabbat bis zu Speisevorschriften.

[science.ORF.at/APA, 11.2.08]
->   Orion Center for the Study of the Dead Sea Scrolls
->   Qumran-Schriften (Wikipedia)
->   Judaistik, Uni Wien
Mehr zu dem Thema:
->   Qumrantexte vollständig veröffentlicht (16.11.01)
->   Neue Funde bei Qumran (27.7.01)
 
 
 
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01.01.2010